Am nächsten Morgen trat Rupprecht, kaum das es hell wurde und man wieder etwas sehen konnte, in Begleitung Yeto des Gardisten auf den Hof der Schallersburg, wo Berni und die anderen Diener den Leichnam seines Vaters aufgebahrt hatten. Nun versammelten sie sich vor diesem, nahmen ihre Mützen ab und taten dem neuen Burgherrn ihren Schwur, immer dirigiert von dem Diener Berni.
"So wahr ich hier stehe, will ich dem Rupprecht Ritter von Schallersheym auf Schallersburg, meinem rechtmäßigen Herren, allezeit gehorchen und gewissenhaft und redlich dienen. Eher soll ich verfaulen, als dass ich meine Hand gegen Schallersheym erhebe! Dies schwöre ich bei Iatan und meinem Leben."
Mit feierlichen Gesichtern sprach das Gesinde, meist einfache Leute aus der näheren Umgebung, die Formel nach. Der Scheiterhaufen mit der Bahre des verblichenen Veomir verlieh der ganzen Zeremonie eine düstere Stimmung, in der die Worte sehr viel ernster klangen, als sie üblicherweise gemeint waren, so dass für einen kurzen Moment beklemmende Stille eintrat, wie Rupprecht irritiert bemerkte.
Auf einen Wink hin brachte Yeto brennende Fackeln und begleitete Rupprecht an der Seite Bernis zum Scheiterhaufen, während der größte Teil des Gesindes sich verstreute. Gemeinsam legten sie Feuer an die Strohballen am Fuß des Haufens, die das Reisig entzünden sollten. Rupprecht verabschiedete sich hier ein letztes Mal von der Leiche seines Vaters mit einigen rituellen Worten auf Aurentum und einem kurzen Gebet zu Nergas:
"Großer Nergas, Du stummer Hüter der Gräber, Meister der Stille, Gebieter des Todes, der du auf immer über das jenseitige Reich der Schatten herrschst! Nimm meinen Vater Veomir in Ehren zu dir, Oh Nergas. Ich bitte dich, gewähre seinem Schatten Einlass in deine lichtlosen Hallen und beurteile ihn gerecht, so viel hat er im Leben durch deine Hand verloren! Lass mich in Kummer zurück mit den Erinnerungen an ein letzes Wort und einen Blick, das Haupt in Gram gebeugt und ohnmächtig angesichts deines göttlichen Waltens. Gleichmütiger Nergas, kein Mensch kann dir entfliehen! Du bist im ewigen Dunkel und nistest in den Grabstellen, das Schluchzen der Weiber folgt deinem Plan und deiner Rechnung. Doch du bist gleichgültig gegen den Schmerz der ein sterbliches Herz zerreist und vom Trost weißt du nichts. Schrecklicher Gebieter des Todes, großer Nergas, erhöre das Gebet eines unwürdigen Sterblichen."
Bald schon stand der ganze Haufen in hellen Flammen und verbreitete starke Hitze, so dass Rupprecht sich zurückzog, während Yeto mit Berni im Hof blieb und rings um das Feuer Löscheimer aufstellen ließ, weil er fürchtete, dass das Feuer sich ausbreiten würde. Doch stattdessen zog gegen Mittag ein Regen auf und machte weitere Sorgen überflüssig...