Mein Versuch die Geschichte meiner Antamar-Charaktere - beginnend mit einem Ahnen Aylas, meiner Jägerin und der ersten für Antamar erdachten Figur - zur Papier zu bringen. Wer zunächst wissen möchte, was ihn hier erwartet, dem sei empfohlen, sich ingame meine Beschreibungen von Ayla von Karökya und Adrian Hilfreich anzuschauen.
Die Geschichte hat mehrere Teile, die ich nach und nach hier veröffentlichen werde und führt bis in die aktuelle Antamarsitution meiner Helden, die sich zwar schon begegnet sind, aber nicht wissen, wer der jeweils andere ist. Dort "angekommen" würde mich dann über die Beteiligung anderer User und deren Beschreibungen über Begegnungen mit Ayla und/oder Adrian sehr freuen.
Die Geschichte beginnt mit zwei Teilen
"Die Vertreibung" handelt von einem Ahnen Aylas und erzählt warum dieser seinen Geburtsort verließ
"Der Mondsee" ist die Geschichte von der Entstehung von Arwens Land, dem Geburtsort und der Heimat Aylas
Arwens Land
Die Vertreibung
Vor langer Zeit wurde bei den Terr-Boll in Karökya, einer stadtähnlichen Siedlung im Aivarunenland, ein Junge geboren, den seine Eltern Arwen nannten. Er war gesund und wuchs heran. Er wuchs und wuchs und wuchs und überragte, als er erst fünfzehn Sommer erlebt hatte, seine Eltern schon um mehr als eine Haupteslänge.
Er war jedoch nicht nur groß, sondern auch wißbegierig und klug. Diese beiden Eigenschaften ließen ihn zu einem jungen Mann reifen, der sich ausgezeichnet mit den Bewässerungsanlagen auskannte, für die die Terr-Boll, auch Lehmbauern genannt, bekannt sind. Er verfeinerte die alten Techniken durch neue Ideen und wurde so zu einem anerkannten und beliebten Mitbürger seiner Stadt.
Er war zufrieden und arbeitete gerne auf den Feldern. Seine Aufgabe war es, die Arbeiter und Arbeiterinnen einzuteilen und die Bewässerungsanlagen in einem guten Zustand zu halten. In seiner arbeitsfreien Zeit Freizeit suchte er nach dem Mädchen, welches er an sich binden und mit der eine Familie gründen wollte. Er hatte jedoch bisher die Richtige noch nicht gefunden und überlegte während seines Tagwerkes gerade, ob er nicht eine andere Terr-Boll-Siedlung aufsuchen sollte. Vielleicht würde er dort das Mädchen treffen, bei deren Anblick er den Wunsch verspürte sich zu binden?
Mitten in seinen Überlegungen hinein ertönte plötzlich das Signalhorn vom Wachtturm am Stadtrand. Drei lange Töne. Das bedeutete, es näherten sich Feinde! Routiniert handelte jeder auf dem Feld arbeitende Aivarune so, wie es in den Regeln stand. Diese Regeln waren nach den großen Kriegen aufgestellt worden, in denen fast alle Familien der Stadt gefallene Mitglieder zu betrauern hatten. Mindestens einmal in jedem Mond gab es einen Probealarm und eine Übung, damit jeder wusste, wie man einem feindlichen Überfall begegnen sollte.
Arwen war daher nicht aufgeregt. Er nahm seinen Rucksack, den er gerade erst abgestellt hatte und ging schnellen Schrittes zu einem der Wassergräben, die die Felder umschlossen. Er hockte sich zu einem anderen Arbeiter, dem alten Strankwen, der dort schon vorschriftsmässig Deckung gesucht hatte, als plötzlich ein Pfeilhagel über dem Graben niederging. Arwen schaute erschrocken nach seinen Arm. Dort hatte ihn einer der Pfeile getroffen. Da er aber ein Hemd aus festem Rindsleder trug, war der Pfeil abgeprallt und wirkungslos auf den Boden des Wassergrabens gefallen, in dem jetzt im Hochsommer und während der Ernte wegen der geschlossenen Schotten nur armseliges Rinnsal des Wassers floß.
Neben ihm stöhnte Strankwen, ein Arbeiter, der sicher schon mehr Sommer als Arwens Vater gesehen hatte, laut auf, während er einen Pfeil, der sich in sein rechtes Bein gebohrt hatte, herauszog. Die entstandene große Wunde blutete heftig. Arwen zog schnell ein sauberes Leintuch aus seiner Hosentasche um die Blutung zu stillen. Es ist doch gut, dass Mutter mir immer noch jeden Tag ein sauberes Tuch in die Tasche steckt, obwohl ich immer darüber lache, dachte er. Dann lugte er vorsichtig über den Rand des Grabens.
"Es sind Goblins! Die trauen sich tatsachlich hierher?" sagte er verdutzt zu seinem verletzten Kollegen. Er zog seinen Säbel, den er meisterlich zu führen verstand, den er jedoch während der Arbeit meist in seinem Rucksack verstaute, und wollte losstürmen. Der Verletzte hielt ihn zurück. "Seid vorsichtig" mahnte ihn der alte Mann "Sie kommen oft als Vorhut von Orks. Goblins alleine sind feiges Gezücht. Aber die Orks bedienen sich ihrer mitunter um die Angegriffenen irre zu führen und dann gnadenlos zuzuschlagen."
Kaum hatte der alte Feldarbeiter ausgesprochen, sah Arwen hinter den Goblins eine Gruppe riesiger Orks, begleitet von ein paar Ogern. Er war nicht ängstlicher Natur aber dieser Anblick ließ ihn schaudern. Die Orks marschierten in Richtung Stadt und Arwen konnte dem Impuls, aufzuspringen und die Bewohner seiner Stadt zu warnen, kaum widerstehen. Da die Regeln aber für die Feldarbeiter im Falle eines Angriffs andere Aufgaben vorsahen, wartete er ab. In einem Moment, wo er hoffte, von den Agressoren nicht gesehen zu werden, richtete er sich ein wenig auf, drückte dem Alten nochmal aufmunternd die Hand und huschte dann in gebückter Haltung den Graben entlang.
Seine Aufgabe war es nach anderen Überlebenden des Angriffes zu suchen und aus den unverletzten und kampffähigen Feldarbeitern einen Trupp zu bilden, der die Kämpfer in der Stadt unterstützen konnte. Also ging er den Graben, der als kompliziertes und verwinkeltes Machwerk alle Felder umschloß und auch einige Nebenarme hatte, die in die Mitte des Feldes führten, ab und schon nach wenigen Schritten stand er vor einem Leichnam. Entsetzt starrte er auf einen seiner Freunde, Simowen, der von vielen Pfeilen durchbohrt, auf dem Rücken im Graben lag. Mit den Tränen kämpfend beugte Arwen sich herab, schloß dem Toten die Augen und zwang sich weiter zu schleichen.
Arwen ahnte, dass er nicht das letzte Opfer dieses Angriffes gesehen hatte und diese Befürchtung sollte sich schnell bestätigen. Meter um Meter kroch er auf der Suche nach Mitkämpfern durch den Graben und fand doch nur Tote und Schwerstverletzte. Er tröstete und versuchte Wunden notdürftig zu verbinden um seine Suche dann aber schnell fortzusetzen. Ein leises Wimmern hielt ihn auf.
Es war eine Feldarbeiterin, die Gefährtin eines seiner Freunde. Sie war offenbar unverletzt, hielt aber ihr totes Baby im Arm, streichelte es und weinte dabei leise. Arwen schluckte heftig und dachte daran, dass er noch wenigen Minuten mit dieser Frau, die sein Freund vor einem Sommer aus fernen Landen hierher zu den Terr-Boll entführte, gescherzt hatte. Sie hatte sich, obwohl sie erst vor kurzem aus dem Kindsbett aufgestanden war, mit dem Kind auf dem Rücken zur Arbeit gemeldet. In ihrem Heimatland hatte sie schlimme Hungernöte erlebt und sie wollte deshalb unbedingt helfen, die Ernte unter Dach und Fach bringen. Arwen wollte sie wieder heimschicken weil die Männer und die Frauen, die nicht Mütter waren, dies auch ohne ihre Hilfe bewältigen würden. Aber sie hatte darauf bestanden zu bleiben.
Obwohl es gegen die Regeln verstieß schleppte Arwen nun diese junge Frau mit ihrem toten Kind zu dem alten Mann, den er mit seinem verletzten Bein zurückgelassen hatte. "Kümmert Euch bitte um sie und sorgt dafür, dass ihr in Deckung bleibt" bat er den Alten und huschte wieder davon, dieses Mal in die andere Richtung des Grabens.
Nach kurzer Zeit fand er zwei leichtverletzte Männer, die er auch zu dem Alten und der trauernden Mutter mit ihrem toten Kind schickte. Aber die weitere Suche nach Überlebenden blieb erfolglos. Arwen war tief verstört, so viele tote Aivarunen hatte er noch nie gesehen. Auch wenn alle in seinem Stamm, sogar die Kinder, wegen der ritualen Aufbahrungen und langwierigen Trauerzeremonien mit dem Tode vertraut waren, so viele und solch gewaltsame Tode hatte es lange Zeit nicht gegeben.
Arwen kannte solche Szenarien nur aus den Erzählungen der Alten. Selbst seine Eltern waren Kinder als der letzte kriegerische Überfall auf die Stadt stattgefunden hatte. Die Geschichten darüber hatten ihm immer kleine Schauer über den Rücken getrieben, trotzdem hatte er, wie wohl alle Kinder, diesen Erzählungen immer gerne gelauscht. Es waren eben Geschichten, auch wenn sie, abgesehen von den paar Übertreibungen, die wohl im Laufe der Zeit dazu gedichtet worden waren, tatsächliche Geschehnisse waren. Geschehnisse, die tiefe Spuren bei den betroffenen Menschen hinterlassen hatten.
Als Arwen am Ende des Bewässerungsgrabens ankam, hörte er leisen Gefechtslärm aus der nahen Stadt. Der Wunsch, dorthin zu eilen und gemeinsam mit den Bewohnern gegen die Goblins, Orks und Oger zu fechten, wuchs ins Unermeßliche. Er mußte diesen Wunsch unterdrücken. Die Regeln - von ihm oft als überflüssig betrachtet, weil es bisher nie Überfälle gab - schrieben ihm genau vor, was er zu tun hatte. So musste er nun, da er den Hauptgraben einmal in der ganzen Länge abgesucht hatte, die Nebenarme die in die Felder führten, abschreiten und nach Überlebenden suchen. Arwen gönnte sich einen Schluck kühlen Wassers, das sich hinter der Absperrung aufstaute. Der dicke Klumpen den er in seinem Hals zu spüren glaubte, ließ sich aber damit nicht wegspülen. Arwen ging weiter und hoffte, dass er hier aufgrund der örtlichen Gegebenheiten mehr Überlebende finden würde. Und so war es auch. Hinter der ersten kleinen Biegung kamen ihm ein Handvoll Frauen und Männer entgegen, offenbar unversehrt. "Arwen!" rief eine der Frauen laut.
"Pssst...." beschwörend legte Arwen den Zeigefinger an die Lippen und bedeutete so der Gruppe leise zu bleiben, Dann zeigte er in Richtung Stadt. Flüsternd informierte er die anderen: "Es sind etwa 50 Goblins, ebenso viele Orks und einige wenige Oger."
"Wir haben die Seitenarme schon abgesucht und niemand weiter gefunden" flüsterte einer der Männer.
"Nun denn" raunte Arwen. "Gehen wir zurück. Aber seid gewappnet, es sind viele Tote zu beklagen und wir müssen an einem großen Teil von ihnen vorbei".
Er führte die Gruppe zu den Zurückgelassenen im Hauptarm des Grabens. Als sie sahen, dass Arwen in Begleitung zurückkam, schauten der alte Mann und die beiden Leichtverletzten hoffnungsvoll drein. Die Frau saß, inzwischen stumm und still, auf dem Boden des Grabens, ungeachtet des kleines Rinnsals in der Mitte und hielt immer noch das tote Kind in ihren Armen. Sie reagierte überhaupt nicht auf die Ankunft der anderen.
Arwen wollte mit den Überlebenden zur Stadt zu schleichen, um die regulärer Kampftruppe, die man trotz des langen Friedens jeden Mond neu zusammenstellte, zu unterstützen. Nur der alte verletzte Mann und die Frau seines Freundes mit dem toten Kind sollten im Versteck bleiben. Er unterbreitete diesen Vorschlag den anderen. Alle waren einverstanden. Uns so schlichen sie los.
Vorsichtig und leise kletterten sie am Ende des Grabens heraus, rannten über das Feld und suchten schnell, in der Hoffnung nicht von einer womöglich vorhandenen Nachhut des Feindes entdeckt zu werden, die nächste Deckung, ein paar halbhohe Sträuchern. Und weiter zu einer Ruine eines Wohnhauses aus den alten Kriegen und von dort zu einem Loch in der hölzernen Palisade rund um die Stadt. Erst dort fiel ihnen auf, dass kein Gefechtslärm zu hören war. Es war einfach nur gespenstisch still in hinter der Palisade. Hoch über Stadt flogen ein paar pechschwarze große Galgenvögel.
"Ob unsere Männer schon gesiegt haben?" fragte eine der Frauen raunend.
"Wir werden sehen.Wir haben viel zu lange gebraucht um hierher zu gelangen."
Arwen flüsterte diese Worte besorgt und lugte durch die versteckt liegende Öffnung der Palisade ins Innere der kleinen Stadt. Was er sah gefiel ihm nicht und gab ihm Anlaß zu den schlimmsten Befürchtungen. Er sah mehrere, offenbar im Kampf gefallene Aivarunenkrieger auf dem Weg liegen, von den Feinden keine Spur. "Wir müssen drinnen nachsehen" meinte er verzweifelt und zwängte sich entschlossen durch die schmale Öffnung. Er gab sich keine Mühe mehr sich zu verbergen und als er sich umsah, war ihm klar, dass seine schlimmen Befürchtungen noch übertroffen wurden. Die Orks und Oger und Goblins waren offenbar schon fort. Überall, soweit er schauen konnte, lagen Leichen. Nicht nur von Kriegern, die er zunächst durch den Spalt gesehen hatte. Nein, Leichen von Männern und Frauen, Kindern und sogar von Haustieren. Es waren hunderte und Arwen wusste nun, warum die Galgenvögel schon über der Stadt kreisten. Sie erhofften sich ein Mahl.
Nach und nach kletterten die restlichen Überlebenden durch den Spalt und schauten stumm und entsetzt auf die gespenstische Szenerie. Ein Massaker hatten die Angreifer veranstaltet, ein entsetzliches Gemetzel ohne Überlebende. Die Stadt der Terr-Boll war tot. Tot und ausgeplündert.
Drei Monde später ....
Von vier Seiten waren die Orks über die Siedlung hergefallen. Der Trupp, der Arwen und seine Männer angegriffen hatte, war der kleinste gewesen. Etwa fünfhundert Orks, ebensoviele Goblins und hundert Oger waren für das Massaker verantwortlich. Das wußte man jetzt weil die Horde weiter gezogen und anderen Ortes gleiches getan hatte.
Arwen und die anderen Überlebenden hatten getrauert, die notwendigen Zeremonien, soweit das möglich war, durchgeführt und am Ende die Toten würdig beigesetzt.
Einer der Verletzten, der alte Strankwen, war nach seiner Genesung "auf die Jagd gegangen", wie es manche Aivaruna im hohen Alter bei allgemeiner Not in der Sippe tun. Arwen konnte es ihm nicht verdenken, hatte er doch selbst in den vergangenen drei Monden mit dem Gedanken gespielt Ähnliches zu tun. Er fühlte sich aber für die anderen verantwortlich, nur das hielt ihn davon ab, den Freitod zu sterben.
Die anderen Überlebenden, jung an Jahren, aber nun voll mit schlimmen Erinnerungen und Erfahrungen an die sinnlos dahin gemetzelten Eltern, Kindern, Geschwistern und Bekannten konnten und wollten auch an diesem Ort nicht mehr leben. Ein Mann und eine Frau verabschiedeten sich, sie wollten künftig bei Verwandten in einem anderen Teil des Aivarunenlandes wohnen. Der Rest schloß sich Arwen an, der alles Brauchbare auf hölzerne Karren packte und mit dem kleinen Häufchen an getreuen Begleitern in die Steppe zog. Auf der Suche nach einer neuen Heimat, einer Heimat, die einen das Unglück dieser Siedlung vergessen lassen sollte.
Fortsetzung mit dem Titel "Der Mondsee" folgt