So 03 Feb, 2013 14:36
»Geliebte Schwester,
Ich habe deinen letzten Brief erhalten und mit Freude vernommen, dass du erneut Mutter wirst. Möge die gütige Rhea über dich und dein ungeborenes Kind wachen, euch vor jedem Leid beschützen und Lhaja euch von allen Krankheiten beschirmen.
Stell dir vor, ich werde bald zu euch kommen, dann kann ich endlich zum ersten Mal meinen Neffen sehen und auch meine Nichten wiedertreffen. Ist es wirklich schon 4 Jahre her? Deine Thereza müsste jetzt 7 sein, ob sie sich wohl noch an mich erinnert? Und Eloise lag damals noch in den Windeln!
Ich kann dir leider nicht sagen wann ich euch besuchen werde, ich werde nämlich nicht direkt zu euch reisen sondern nach San Aurecciani. Man hat mich dort zum persönlichen Adlatus des Botschafters von Westendar ernannt. Vater hat gesagt er ist stolz auf mich. Weißt du, wenn er das zum letzten Mal gesagt hat? Als ich 13 war und das erste Mal als Cachiete in der Arena stand. Ich hab damals gleich das Ohr des Stiers gewonnen und es war um mich geschehen. Seitdem hat mich die Corrida nicht mehr los gelassen, bis – nein, lassen wir die Geschichte ruhen.
Als Adlatus des Botschafters werde ich viel zu tun haben. Das ist eine große Ehre und eine große Verantwortung. Ich bin dann unter anderem für die gesamte Korrespondenz und die Termine des Botschafters zuständig und sozusagen sein Stellvertreter. Über den Botschafter selbst hört man hier in Santo Tiberio allerdings nicht viel Gutes. Ich kenne ihn nicht, es ist ein Conde aus dem Norden aus der Nähe von Quidon und ein Vertrauter von Fürst Raphael, dem Geier. Man sagt er ist öfter in den Hurenhäusern als in seinem Officium anzutreffen.
Ich wurde gewarnt, dass ein großer Teil der Arbeit an mir hängen bleiben wird. Mein Vorgänger soll sich deswegen erhängt haben. Andere meinen er hätte hohe Spielschulden gehabt...
Es freut mich zu hören, dass der Handel mit Evangelista so gut läuft. Alfonso meinte dein Mann hat sogar eine neue Karavelle in Auftrag gegeben.
Ich weiß nicht wie viel dir unsere Schwester Ramona letzte Woche geschrieben hat, ich fürchte sie war so aufgeregt wegen ihrer Verlobung, dass sie alles andere vergessen hat; Miguel wurde befördert, er ist jetzt Erster Offizier auf der „Caballo d’Espuma“, seine Frau ist darüber allerdings nicht sehr erfreut, sie sagt er solle lieber bei ihr und ihrem Kind bleiben. Und bei Francisca hat man wohl eine magische Begabung festgestellt, vielleicht ist sie deswegen so wie sie ist?
Ich werde schon nächste Woche aufbrechen und sobald ich nach meiner Ankunft in San Aurecciani Ordnung in die Angelegenheiten meines unglücklichen Vorgängers gebracht habe und ich dort eine Zeit lang frei bekomme, komme ich zu euch nach Cargnac.
Versprochen.
Oder du besuchst mich mit den Kindern in San Aurecciani.
Ich werde dir von S.A. aus wieder schreiben.
Bis hoffentlich bald,
Drigo«
So 03 Feb, 2013 20:45
Mi 06 Feb, 2013 22:01
Mi 06 Feb, 2013 22:06
»Liebe Mutter,
Wie versprochen schreibe ich dir sofort nach meiner Ankunft.
Auf der Überfahrt hatten wir keine größeren Probleme, doch obwohl das Meer meist ruhig war hatte ich doch mit der Seekrankheit zu kämpfen, die Opfer an Aiagos waren leider nicht so wirkungsvoll wie ich hoffte. Ich frage mich wie Miguel und Alfonso das ständig aushalten.
San Aurecciani ist riesig und beeindruckend, ich wünschte du könntest es sehen. Die fünf Hügel, der Hafen, die Tempel und erst der Kaiserpalast! Die Tempel und der Palast sind ganz aus weißem Marmor. Sie strahlen in der Sonne, dass man die Augen demütig senken muss um nicht geblendet zu werden. Die Botschaft selbst, wo ich auch wohne liegt direkt im Palastbezirk und vom Balkon aus kann ich bis auf den Hafen blicken.
Mein Vorgänger hat mir jede Menge Arbeit hinterlassen, hier stapeln sich die Akten und ich fürchte es wird sehr lange dauern, bis ich die Zeit finde Elvira und deine Enkel zu besuchen, doch sie werden sich sicher sehr über dein Geschenk freuen.
Ich fürchte, die Geschichten, die man sich in Westendar über meinen Vorgesetzten erzählt entsprechen der Realität. Ich habe ihn heute bei einem Essen kennengelernt. Er ist fett wie ein Mastschwein und benimmt sich auch so. Er ist eine Schande für Westendar! Während des Mahls hat er sehr dem Wein zugesprochen und mehr in sich hineingestopft als ich für möglich hielt. Dabei hat er ständig obszöne Witze gemacht und konnte seine Finger nicht von den auftragenden Dienerinnen lassen.
Ich frage mich wie so jemand, mit den niederen Manieren eines Tiers bis zum Botschafter am Hofe der Kaiserin aufsteigen konnte. Er hat seine Karriere sicher nur seinem Großonkel Fürst Rafael zu verdanken, dieser verdammten Qualle. Und sicher liegen seine Loyalitäten auch eher bei ihm, als bei unserer Heimat.
Von unseren Bräuchen und Traditionen hält er eh nicht viel. Das hat er hinreichend bewiesen, als er meinte ich hätte nie an einer dieser „albernen Kinderspiele für ungebildete Tölpel“, wie er den Stierkampf nannte, teilnehmen sollen, dann hätte ich noch beide Augen. Darauf wies ich ihn auf die Natur der Corrida als Dienst an ATHOS hin und zog mich zurück. Ich denke mit ihm hab ich es mir jetzt schon verdorben.
Aber genug von mir. Ich hoffe zu Hause ist alles in Ordnung. Sag Vater und den anderen allen einen schönen Gruß.
Dein Rodrigo«