Briefe eines Diplomaten

Intrigen und Bündnisse im Hochreich Nuovo Imperio und dem teilanhängigen Westendar

Briefe eines Diplomaten

Beitragvon taladas » So 03 Feb, 2013 14:36

Jetzt in der Mittagshitze ist im Hafen von Santo Tiberio nicht viel los – die einheimischen Hafenarbeiter halten ausnahmslos Siesta, viele haben sich einfach in den Schatten der Kontore und Lagerhäuser gelegt und dösen dort vor sich hin. Auch die meisten Martosen auf den ausländischen Seglern folgen diesem Beispiel. Nur auf zwei Schiffen herrscht auch jetzt geschäftiges Treiben, sie machen sich fertig um gleich mit der Tide auszulaufen.
Ein einsamer Reiter lenkt sein Pferd mit klappernden Hufen über das Pflaster der Hauptstraße zum Hafen herunter. Am Hafen angekommen richtet er sich in den Steigbügeln auf um sich einen besseren Überblick zu beschaffen, dann reitet er – das Gesicht im Schatten eines breitkrempigen, federgeschmückten Hutes verborgen – zielsicher auf eines der beiden auslaufbereiten Schiffe, eine dickbauchige Kogge aus Vellhafen, zu und lässt sein Pferd über die Planken bis an Deck spazieren.
Bei so einem Verhalten kann es sich zweifellos nur um einen Equidor aus Westendars stolzem Adel handeln. Und keiner von den verarmten Schluckern, wie ein Blick auf die Kleidung und das edle Reittier zeigt.
An Deck spricht er mit dem Capitàn, der offensichtlich nicht erfreut über das Tier auf seinem Schiff ist, übergibt ihm einen versiegelten Umschlag und dazu ein paar Münzen für den Transport. Dann lässt er sein Pferd sich einmal um sich selbst drehen und reitet unbeeindruckt zurück in die Stadt.


Der Inhalt des Briefs lautet:


»Geliebte Schwester,

Ich habe deinen letzten Brief erhalten und mit Freude vernommen, dass du erneut Mutter wirst. Möge die gütige Rhea über dich und dein ungeborenes Kind wachen, euch vor jedem Leid beschützen und Lhaja euch von allen Krankheiten beschirmen.

Stell dir vor, ich werde bald zu euch kommen, dann kann ich endlich zum ersten Mal meinen Neffen sehen und auch meine Nichten wiedertreffen. Ist es wirklich schon 4 Jahre her? Deine Thereza müsste jetzt 7 sein, ob sie sich wohl noch an mich erinnert? Und Eloise lag damals noch in den Windeln!
Ich kann dir leider nicht sagen wann ich euch besuchen werde, ich werde nämlich nicht direkt zu euch reisen sondern nach San Aurecciani. Man hat mich dort zum persönlichen Adlatus des Botschafters von Westendar ernannt. Vater hat gesagt er ist stolz auf mich. Weißt du, wenn er das zum letzten Mal gesagt hat? Als ich 13 war und das erste Mal als Cachiete in der Arena stand. Ich hab damals gleich das Ohr des Stiers gewonnen und es war um mich geschehen. Seitdem hat mich die Corrida nicht mehr los gelassen, bis – nein, lassen wir die Geschichte ruhen.
Als Adlatus des Botschafters werde ich viel zu tun haben. Das ist eine große Ehre und eine große Verantwortung. Ich bin dann unter anderem für die gesamte Korrespondenz und die Termine des Botschafters zuständig und sozusagen sein Stellvertreter. Über den Botschafter selbst hört man hier in Santo Tiberio allerdings nicht viel Gutes. Ich kenne ihn nicht, es ist ein Conde aus dem Norden aus der Nähe von Quidon und ein Vertrauter von Fürst Raphael, dem Geier. Man sagt er ist öfter in den Hurenhäusern als in seinem Officium anzutreffen.
Ich wurde gewarnt, dass ein großer Teil der Arbeit an mir hängen bleiben wird. Mein Vorgänger soll sich deswegen erhängt haben. Andere meinen er hätte hohe Spielschulden gehabt...

Es freut mich zu hören, dass der Handel mit Evangelista so gut läuft. Alfonso meinte dein Mann hat sogar eine neue Karavelle in Auftrag gegeben.
Ich weiß nicht wie viel dir unsere Schwester Ramona letzte Woche geschrieben hat, ich fürchte sie war so aufgeregt wegen ihrer Verlobung, dass sie alles andere vergessen hat; Miguel wurde befördert, er ist jetzt Erster Offizier auf der „Caballo d’Espuma“, seine Frau ist darüber allerdings nicht sehr erfreut, sie sagt er solle lieber bei ihr und ihrem Kind bleiben. Und bei Francisca hat man wohl eine magische Begabung festgestellt, vielleicht ist sie deswegen so wie sie ist?

Ich werde schon nächste Woche aufbrechen und sobald ich nach meiner Ankunft in San Aurecciani Ordnung in die Angelegenheiten meines unglücklichen Vorgängers gebracht habe und ich dort eine Zeit lang frei bekomme, komme ich zu euch nach Cargnac.
Versprochen.
Oder du besuchst mich mit den Kindern in San Aurecciani.

Ich werde dir von S.A. aus wieder schreiben.
Bis hoffentlich bald,
Drigo«





Spoiler:
OOC:
Hallo da drüben auf der Insel,

Ich würd mich gern mal am RP in Auretianien probieren und zwar als westendarischer Diplomat, hab aber nicht wirklich Erfahrung mit sowas, also seid ein bisschen nett zu mir.
Ich hab auch eher zu seltsamen Zeiten Zeit, und möchte meinen Char nicht unbedingt die ganze Zeit in San A. rumstehen lassen sondern weiter durch die Welt reisen, also wäre ich wohl eher für Foren-RP zu gebrauchen. Das heißt aber nicht, dass ich im Straßengeplauder nicht auch mal mitmache wenn ich da bin.
So das war‘s erst mal, in diesem Thread werd ich die Welt in Briefform weiter auf dem Laufenden halten was so los ist.

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Re: Briefe eines Diplomaten

Beitragvon Ascanio » So 03 Feb, 2013 20:45

Immer, wenn ein Westendarer zum ersten Mal die Reise ins Herz des Nuovo Imperio Aurecciani antritt, findet er sich in den Stunden der Ankunft staunend an der Rehling seines Schiffes ein. Erschien ihm Santo Tiberio bisher wie eine Metropole, so überwältigte ihn nun der Anblick San Aureccianis, eine der größten Städte, die diese Welt hervorgebracht hatte. Sie glich aus der Ferne bereits wie einem Ameisenhaufen oder genauer gesagt fünfen. Auf sanften Hügeln erbaut, durch die sich die Mündungsarme des silbrig glänzenden Panaro dem Antlantik entgegen schlängelten, reichte das Meer der Häuser von der Küste bis zum Horizont. Die goldene Kuppel des größten, jemals gebauten Tempels zu Ehren von Iatan und Athos warf das auf sie fallende Sonnenlicht gleißend zurück und wirkte dabei wie ein Leuchtfeuer. Die kaiserliche Palastanlage stach durch ihre schiere Größe ebenso aus dem Stadtbild hervor, ein wahres Labyrinth von Hallen, Gärten, Wohn- und Wirtschaftsgebäuen, die fast einen ganzen Hügel einnahm. Doch den weitaus größten Anteil an der Stadt nahmen die eng bebauten, schmalen Gassen Alt-Heroidas ein. Es würde ein Abenteuer werden, sich hier zurechtzufinden.

Die Karavelle, die den jungen Diplomaten trug, erreichte den Hafen sicher nach einer rauhen Überfahrt über den Antlantik. Als sie endlich am Pier angelegt hatte und die Planken ausgelegt waren, verabschiedete der Kapitän seinen wohlgeborenen Gast und wünschte ihm viel Erfolg. Unten wurde der Westendarer bereits von einem ältlichen Mann in einer einspännigen Kutsche, auf der das Wappen des Königreichs Westendar prangte, erwartet, der diese verließ, als er dessen gewahr wurde.
"Seid aufs herzlichste Willkommen geheißen, Señor de Adega! Wir haben Euch bereits erwartet. Wenn ich mich vorstellen darf? Mein Name ist José Miguel Anatol d'Esperanza ý Valeçon, zu Euren Diensten. Ich bin der Maior Domus Seiner Excellenz, des Botschafters."
Der Herr, der einen dunklen Livree trug, deutete eine Verbeugung an, die in jüngeren Jahren wohl deutlich tiefer ausgefallen wäre, doch nun quälten ihn die Gicht und ein steifer Rücken. Dann trat er auf den frisch Angekommenen zu, fasste ihn nach alter Sitte bei den Schultern und zog ihn auf seine Gesichtshöhe herab, um ihm sogleich ein, zwei, drei Küsse auf die Wangen zu geben. Sein Atem roch nach Wein und Knoblauch, doch wurde dieser Duft von dem süßlichen Rosenwasser übertüncht, das er aufgelegt hatte.
"Bitte, steigt ein und nehmt Platz," fuhr der Maior Domus fort. "Wir werden Euch sogleich zum Westendarer Haus bringen. Der Kutscher wird sich indes um Euer Gepäck kümmern, macht Euch keine Sorgen."
In der Tat fiel dem Westendarer nun ein weiterer Mann auf, der den Kutschbock längst verlassen hatte und der nun die Kisten, in denen die Habe des jungen Mannes verstaut war, vom Schiff entgegen nahm und hinten auf die Kutsche packte. Das edle Reitpferd wurde die Planken herab geführt und an die Kutsche angebunden.
"Wie war die Überfahrt? Ich hoffe es gab keine unschönen Zwischenfälle," erkundigte sich der Maior Domus, während die Kutsche sich langsam in Gang setzte.
Die Fahrt ging über die breite Hauptstraße, die vom Hafen hinauf zum Kaiserplatz führte, an den Statuen der alten Herrscher vorbei, durch den monumentalen Triumphbogen und weiter hinauf zum kaiserlichen Palast. Waren die Straßen anfangs noch kaum passierbar aufgrund der schieren Menschenmenge, so änderte sich dies langsam, sobald man den Kaiserplatz hinter sich gelassen hatte. Zwar herrschte noch immer viel Verkehr, zumindest für Westendarer Verhältnisse, doch weitaus weniger als unten am Hafen. Schließlich erreichte die Kutsche das Westendarer Haus, einen prunkvollen Palais im westendarer Baustil, der einen Teil des Westflügels des Kaiserpalastes bildete und nahe der kaiserlich-königlichen Reitschule lag. Der Duft der Stallungen lag alles andere überlagernd über dem Hof. Vor dem Portal standen Gardisten in westendarer Uniform und salutierten, als der Neuankömmling das Haus betrat. die Dienerschaft hatte sich in der Eingangshalle eingefunden und begrüßte das neue Mitglied des Haushaltes, während jede einzelne Magd und jeder einzelne Kammerdiener vom Maior Domus vorgestellt wurde. Schließlich wurden dem jungen Diplomaten seine Räumlichkeiten gezeigt, eine kleine, aber fein eingerichtete Schlafkammer, der ein ebenso kleines, aber gut ausgestattetes Arbeitszimmer vorgelagert war. Dort ließ man ihn zurück, damit er sich erst einmal frisch machen und sich ein wenig von den Strapazen der Reise erholen konnte, bevor das erste Zusammentreffen mit seinem neuen Arbeitgeber, dem Botschafter, anstand, welches im Zuge eines Mittagessens stattfinden würde.

Spoiler:
Dann sag ich mal "Herzlich Willkommen im Zentrum der Politik und Intrigen und viel Spaß!" Für zufällige Begegnungen bei Hofe gibts einen eigenen Thread hier im Forum, den du gerne fortführen darfst. Ascanio geistert täglich hier herum, andere Hofschranzen sicher auch. Ansonsten kannst du auch sicher über PNs die Aufmerksamkeit anderer Spieler gewinnen. Am besten die Initiative ergreifen, denn darauf zu warten, dass andere das tun, ist bisweilen etwas müßig ;)
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Re: Briefe eines Diplomaten

Beitragvon taladas » Mi 06 Feb, 2013 22:01

Nachdem Rodrigo sich erfrischt, und seine Reisekleidung gegen etwas Angemesseneres getauscht hatte (sowie seine Augenklappe gegen sein Glasauge) - nicht, dass seine Reisekleidung billig oder unangemessen gewesen wäre - machte er sich mit seinen Räumlichkeiten in der Botschaft vertraut.
Seine Schlafkammer, sofern man von einer Kammer sprechen mochte, lag an der Südwestecke des Gebäudes. An der einen Seite hatte es große mit Seidengardinen verhängte Doppelfenster, auf der anderen führte eine Tür hinaus auf einen kleinen Balkon, von dem aus man den Anschirrhof der kaiserlichen Stallungen einsehen konnte. Dem Balkon gegenüber lag eine weitere kleine Kammer die als Garderobe genutzt wurde, sowie ein Schlafraum für einen Leibdiener. Rechts des Eingangs führte eine Tür ins Arbeitszimmer, von dem aus man direkt in das Amtszimmer des Botschafters gelangen konnte.
Rodrigos Reich lag im ersten Obergeschoß, oder besser gesagt im Zweiten, der Eingang lag nämlich bereits erhöht und war durch eine imposante Freitreppe zu erreichen. In diesem Stockwerk befand sich neben der Amtsstube des Botschafters der sogenannte Wappensaal, der für Empfänge und Feste genutzt wurde. Außerdem ein paar Schreibstuben höherer Beamter und die Gemächer des Major Domus, dem sich der neue Adlatus gewissermaßen verbunden fühlte, seit dieser ihm auf der Kutschfahrt gestanden hatte, dass er auf Schiffen auch immer unter der Seekrankheit litt.
Die einfachen Schreiber und Sekretäre hatten ihre Ufficien für den Parteiverkehr reisender Westendarer (die Botschaft übernahm auch konsularische Aufgaben) ein Stockwerk tiefer auf Höhe des Haupteingangs, darunter im Souterrain lag die Küche und weitere Wirtschaftsräume.
Die Privatgemächer des Botschafters befanden sich dagegen im Westteil des dritten Obergeschosses, im Osten war die Bibliothek und das Archiv untergebracht (natürlich jeweils über eine separate Treppe zu erreichen). So spiegelte die Botschaft in gewisser Weise die gottgewollte gesellschaftliche Ordnung wieder. (Die meisten Schreiber und Beamten wohnten mit ihren Fammilien nicht in der Botschaft.)

Auf dem großen Schreibtisch im Arbeitszimmer stapelten sich Notizen und Akten und ließen Rodrigo still über seinen Vorgänger und dessen überstürzten Aufbruch in Nergas Reich fluchen. Es würde wohl eine ganze Weile dauern, bis er die liegengebliebene Arbeit erledigt hätte, vor allem, da sein Vorgänger ihn nicht einmal eine grundlegende Einweisung geben konnte, geschweige denn ihn einarbeiten.
Rodrigo seufzte und blätterte ein wenig lustlos in den Akten bis ein Diener ihn zum Essen mit dem Botschafter rief.
Zuletzt geändert von taladas am Mi 06 Feb, 2013 22:07, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Briefe eines Diplomaten

Beitragvon taladas » Mi 06 Feb, 2013 22:06

»Liebe Mutter,


Wie versprochen schreibe ich dir sofort nach meiner Ankunft.
Auf der Überfahrt hatten wir keine größeren Probleme, doch obwohl das Meer meist ruhig war hatte ich doch mit der Seekrankheit zu kämpfen, die Opfer an Aiagos waren leider nicht so wirkungsvoll wie ich hoffte. Ich frage mich wie Miguel und Alfonso das ständig aushalten.

San Aurecciani ist riesig und beeindruckend, ich wünschte du könntest es sehen. Die fünf Hügel, der Hafen, die Tempel und erst der Kaiserpalast! Die Tempel und der Palast sind ganz aus weißem Marmor. Sie strahlen in der Sonne, dass man die Augen demütig senken muss um nicht geblendet zu werden. Die Botschaft selbst, wo ich auch wohne liegt direkt im Palastbezirk und vom Balkon aus kann ich bis auf den Hafen blicken.

Mein Vorgänger hat mir jede Menge Arbeit hinterlassen, hier stapeln sich die Akten und ich fürchte es wird sehr lange dauern, bis ich die Zeit finde Elvira und deine Enkel zu besuchen, doch sie werden sich sicher sehr über dein Geschenk freuen.

Ich fürchte, die Geschichten, die man sich in Westendar über meinen Vorgesetzten erzählt entsprechen der Realität. Ich habe ihn heute bei einem Essen kennengelernt. Er ist fett wie ein Mastschwein und benimmt sich auch so. Er ist eine Schande für Westendar! Während des Mahls hat er sehr dem Wein zugesprochen und mehr in sich hineingestopft als ich für möglich hielt. Dabei hat er ständig obszöne Witze gemacht und konnte seine Finger nicht von den auftragenden Dienerinnen lassen.
Ich frage mich wie so jemand, mit den niederen Manieren eines Tiers bis zum Botschafter am Hofe der Kaiserin aufsteigen konnte. Er hat seine Karriere sicher nur seinem Großonkel Fürst Rafael zu verdanken, dieser verdammten Qualle. Und sicher liegen seine Loyalitäten auch eher bei ihm, als bei unserer Heimat.
Von unseren Bräuchen und Traditionen hält er eh nicht viel. Das hat er hinreichend bewiesen, als er meinte ich hätte nie an einer dieser „albernen Kinderspiele für ungebildete Tölpel“, wie er den Stierkampf nannte, teilnehmen sollen, dann hätte ich noch beide Augen. Darauf wies ich ihn auf die Natur der Corrida als Dienst an ATHOS hin und zog mich zurück. Ich denke mit ihm hab ich es mir jetzt schon verdorben.

Aber genug von mir. Ich hoffe zu Hause ist alles in Ordnung. Sag Vater und den anderen allen einen schönen Gruß.


Dein Rodrigo«

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