Le Cardinale saß schweigsam im Halbschatten eines großen Eichenbaums im Garten, genoss scheinbar das herrliche Wetter, soweit es ihm möglich war und hing dabei den eigenen Angelegenheiten gedanklich nach. Die Pagen des Hauses hatten seinen Tisch bereits abgeräumt und das kleine Marionettenschauspiel auf der Bühne vor sich beachtete er nur am Rande, als sich sein Sekretarius an ihn wandte, um ihm etwas zu zuflüstern.
Nachdenklich legte le Cardinale die Fingerspitzen aneinander.
Als die Nachricht wortgetreu übermittelt war nickte Eure Seligkeit kurz, ohne seinen Sekretarius eines Blickes zu würdigen, worauf hin dieser sich wieder schweigsam in den Hintergrund zurückzog.
Es verging einige Zeit.
Ein Page mit einem Silbertablett auf dem ein gesiegelter Brief lag, trat an den Sekretarius heran trat. Beide wechselten dezent wenige Worte und so wie der Sekretarius sich der Echtheit des Siegels vergewissert hatte, lies er den Pagen vortreten. Der junge Mann reichte das Tablett mit einer angedeuteten Verbeugung und den Worten: „Entschuldigt die Störung Eure Seligkeit,... Doch der Signore in der Eingangshalle bat mich euch dies zu bringen. Er sagte, sie sei wichtig!“ dem Cardinale. Nur aus dem Augenwinkel, kurz und unauffällig, musterte er das Siegel und erkannte an wenigen offensichtlichen Details des Wappens wer der Absender war.
Er nickte.
Der Page stellte das Tablett mit der Depesche auf dem Tisch ab. Erst als der Page sich wortlos wieder zurück gezogen hatte, gab der Cardinale seinem Sekretarius ein unauffälliges Handzeichen, das diesen an seine Seite befahl. Wortlos nahm er die Depesche an sich, öffnete sie und reichte sie seinem Herren. Während er die Nachricht las, zog sich der Sekretarius wieder zurück. Der Blick des Cardinale glitt halb über den Inhalt des Schreibens, als er ihn schnell hob und über die Oberkannte des Blattes hinweg, mit stechenden Blick das Geschehen auf der Bühne fixierte – eine spannende Situation bahnte sich dort an!
Mitten im Spiel hatten sich die Fäden einer Marionette verheddert und was der Künstler über ihr auch versuchte, die Marionette bewegte sich nicht mehr so wie er es wollte. Es schien sogar kurzzeitig so, als hätte die Marionette ein obskures Eigenleben entwickelt. Das Schreiben las er nicht zu Ende, sondern faltete es einmal in der Mitte und legte es zurück auf das Tablett. Dann fiel der Vorhang und er wusste, dass dies nur bedeuten konnte, dass der Künstler hinter der Bühne nun die Schere zur Hand nehm um >das Problem< zu beheben.
Ein kaum spürbarer Windhauch lies das Blätterwerk des Baums schwach rascheln und für einen Moment beschien die Sonne zwischen die Äste hindurch den Tisch. Kurz war im Zwielicht unter der Kapuze der purpurnen Robe des Cardinale so etwas wie ein schwaches, schemenhaftes Lächeln zu erkennen.
Er winkte sein Sekretarius erneut zu sich herüber und bedeutete ihm sich zu setzten.
Dieser zückte zugleich seine Schreibmappe um die nun wohl folgenden Anweisungen wortgetreu zu notieren.
„Benachrichtigt bitte Colonello le Rochelle, das er umgehend nach Droux zurückkehren soll, um mich dort in Drei Tagen im Tempel zu treffen. Dann schickt euren besten Eilboten aus, er soll zuerst im Hafen einen Schnellsegler kapern. Das Schiff soll in neun Tagen auslaufen und das Ziel wird dem Kapitän von le Rochelle bei dessen Ankunft mitgeteilt. So wie dies erledigt, soll der Bote zum Palais du Roi weiter reiten und dort dafür sorgen, dass meine Gemächer vorbereitet werden, sowie den Roi informieren, dass ich ihn in Vier Tagen sprechen muss…Schärft dem Boten die Dringlichkeit dieser Angelegenheit ein. Wenn nötig, so soll er Druck bei den entsprechenden Hofbeamten in meinem Namen ausüben!“ kurz hielt er inne um die Reaktion des Sekretarius zu studieren.
Der Sekretarius stockte kurz bei der Niederschrift der Befehle. Den Bote zu ermächtigen Druck im Namen des Cardinale auf die Hofbeamten auszuüben, würde sicher für reichlich Aufsehen am Hof des Roi sorgen. Aufsehen um seine Person, das war eigentlich etwas, dass le Cardinale in der Regel zu unterbinden versuchte. Doch Befehl war Befehl und so schrieb der Sekretarius nach einem Moment des Innenhaltens unbeirrt weiter.
Der Cardinale begann in aller Ruhe die weißen Handschuhe anzuziehen, welche er nur selten ablegte, wobei er mit den Worten fort fuhr: „Außerdem möchte ich, dass Comte Valle dû Pimodan-Varré über meine Anwesenheit bei Hofe unterrichtet wird und ich ihn im Anschluss an die Unterredung zu sprechen wünsche. Die Wahl des Ortes sei ihm überlassen – immerhin sind wir flexibel.“.
Der Sekretarius setzte den Stift ab und hob, mit leicht geöffnetem Mund, den Blick. Das Gesicht des Cardinales konnte er unter der Kapuze nicht erkennen, doch dafür konnte dieser im Gesicht des Sekretarius wie in einem offenen Buch lesen. Man konnte ihm ansehen, dass ihm eine Frage, sprichwörtlich auf der Zunge lag.
„Ich weiß,… Druck machen und unnötiges Aufsehen erregen liegen nahe beieinander. Doch in diesem speziellen Fall fordert grade zu spezielle Maßnahmen die ich gewillt bin zu ergreifen.“ entgegnete er gelassen der unausgesprochenen Frage zwischen beiden und schob ihm das kleine Silbertablett herüber. Danach erhob er sich vom edlen Korbstuhl, gefolgt von dem fragenden Blick des Sekretarius, der abwechselnd zwischen der Depesche auf dem Tisch und dem Cardinale schwankte.
Dieser wandte sich einfach von ihm ab und machte einen Schritt in Richtung der Tür, ehe er noch einmal kurz inne hielt. „Setzt ein Amtsschreiben an Eure Heiligkeit den Lichtbringer auf und informiert ihn in meinem Namen über den Inhalt der Depesche, so wie die bereits zuvor schon einmal angedachten Schritte zur Lösung,… dieser Angelegenheit. So wie ich mit dem Roi gesprochen und dem Comte fertig bin, werde ich ihn aufsuchen um das Angedachte umsetzen zu lassen.“ sagte er beiläufig, während vier Männer seiner Leibgarde an ihn herantraten und in dessen Geleit er den Garten verlies.
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