Tief im Herzen des Graulandes ist Etwas erwacht.
Der kleine, hagere Gelehrte öffnet mühsam die Tür zu seiner Schreibstube. Über und über ist er mit Büchern beladen, irgendwo zwischen Rippen und Ellenbogen klemmen unzählige Pergamente und zwischen den Fingern ist irgendwie ein Griffel und ein Tintenfass eingeklemmt. Mühevoll lädt er jeden der Gegenstände behutsam ab, sinkt dann erleichtert seufzend auf das Schreibpult und streckt sich faul. Lumin rückt die Bücher zurecht und beginnt zu lesen. Unterbrochen von zahllosen Notizen und Querverweisen versucht er sich so einen Überblick über die Geschehnisse zu verschaffen.
Sie nahmen ihren Anfang, als der Händler Meliador scheinbar auf offener Straße in Wangalen von einer Kuttengestalt angegriffen wurde. Nur seine rasche Reaktion und das mutige Eingreifen einer Schwester der Dornen der Roten Rosen konnten Schlimmeres verhindern. Wie sich später herausstellte, schien die Gestalt - begleitet von einer unheimlichen, kalten Stimme - jedoch nicht hinter Meliador persönlich her zu sein, sondern hinter dem Händler Manokorlash, welcher für gewöhnlich auf seinem Fell am Wangalener Markt zu finden ist. Diese schrecklichen Besuche wiederholten sich.
Etwas unvorstellbar Böses und Mächtiges sinnt nach Rache.
Der Orkentod, früher geselliger Treffpunkt für die örtlichen Söldner und Soldaten, ist Schauplatz eines schaurigen Ereignisses geworden. Während Meliador und seine Verlobte, die Praedikatorin Alessia Cavolo, begleitet von der Alchimistin Askara von Gerrano, ihr Abendmahl zu sich nahmen, wurde die Nacht ein wenig dunkler, als für diese Jahreszeit üblich. Kaum merklich sank die Temperatur, doch ein kollektives Schaudern erfüllte den Raum. Unbekümmert plauderte das Trio, als eine Kuttengestalt - es lässt sich kaum mehr sagen ob die Tür überhaupt geöffnet wurde - plötzlich in die Schänke trat. Die arme Olita brachte beim Anblick der zerschlissenen Kutte, dem riesigen, blutig-schartigen Schwert auf dem Rücken und dem schemenhaften Gesicht under der Kaputze nicht einmal mehr einen Schrei heraus. Sowohl Atem als auch Gespräch der drei Gäste stockte, als die durchdringend roten Pupillen der Erscheinung suchend durch den Raum wanderten und letztlich bei ihnen verharrten. Die kalte, krächzende Stimme, ähnlich dem Kratzen von Metall auf einer Schiefertafel, machte mit kurzen Bruchstücken klar, was sie wollte: Manokorlash, tot. Offenbar hatte sie etwas an Meliador entdeckt, was sie nutzen wollte, irgendeinen Hass versuchte die Gestalt ihm mit giftigen Worten einzuflößen. Leichtsinnige Neugier bewog Askara dazu, sich der Gestalt zu nähern, doch ihre kindliche Provokation - oder mag es die leicht geweihte Aura der Draconiterin gewesen sein - ließen die Gestalt letztlich jede Beherrschung verlieren. Kaum einen Augenblick nachdem die Gestalt Meliador zu verstehen gab, dass entweder Manokorlash oder seine Liebste sterben werde, brach ein diabolisches Chaos im Schankraum aus. Wie von Sinnen ging die Kuttengestalt in glühender Wut auf die Anwesenden los. Nur zwei zufällig anwesenden Gästen und wohl dem Segen der Götter ist es zu Verdanken, dass nach zwei gezielten Treffern die Kutte erst leblos, dann leer zu Boden sank.
Und Es hat seine Häscher schon ausgesandt.
Nachdem die kleine Gruppe nach dem ersten Überfall noch bei den Dornen der Roten Rosen Unterschlupf gesucht hatte und von der Ordensoberin Alyra gütig aufgenommen wurde, schien die Lage nun umso ernster: Alyra war verschwunden. Ysilia, eine Ordensschwester, konnte mit einigen Informationen aus zweiter Hand aufwarten und drängte daraufhin, dass man gedenke nach der Ordensoberin zu suchen. Aus den Berichten ergab sich eine zweite Spur: Die Silberfüchse, der Orden des Renard Majere. Da die Erscheinung am Vorabend Askara den Namen "Dorub'YzzKrar" nannte, konnte Ysilia die Helden schnell an Herrn Majere verweisen, galt dieser doch in der Erzählung als ein mächtiger Magier, der an einer vergangenen Austreibung des Dämons beteiligt war. Doch wie schlimm es um die Queste der Helden bestellt war, zeigte sich am folgenden Tag im Ordenshaus der Silberfüchse: Nach einem kurzen Empfang durch Herrn Rhys ui Domnall, offenbar kein Silberfuchs, erfuhren die Helden von ihm, dass Renard seit den Geschehnissen um Ron von Honoralds Verschwinden nicht mehr gesehen worden sei. Dazu sei er nun bestellt worden, diese Angelegenheit zu untersuchen. Herr von Honorald sei damals im Grauland verschollen und wurde von einer Gruppe um Renard wieder befreit. Von dieser Expedition kehrten Anyancka Llevan, Ron von Honorald, Lumin Laikis und Manokorlash wohlauf zurück, Renard wollte noch für einige Untersuchungen ein paar Tage im Grauland verweilen. Ebenso unauffindbar schien Zyhna, seine Geliebte, zu sein, die einige Wochen zuvor stürmisch die Silberfüchse verlassen hatte.
Über das Studium der Aufzeichnungen der Silberfüchse beschlich die beiden gelehrten Damen ein grausiger Verdacht: Alyra, Renard und Zyhna waren allesamt an der damaligen Bannung des Dorub'YzzKrar beteiligt, Manokorlash ebenso und diesen wollte er tot sehen. Darüber hinaus schwebten Ron von Honorald, Lumin und Anyancka in großer Gefahr. Zur ersten Erleichterung traf man die letzteren beiden wenige Tage später in Begleitung des Hühnen Manokorlash in Wangalen, nachdem diese eine heikle Angelegenheit zu klären hatten. Hauptmann Mjesko Eelkinnen, der seinen bissigen Sachverstand schon in der Behinderung der Ermittlungen um Alyras Verschwinden eindrucksvoll zur Schau stellte, lieferte hier wenigstens einen weiteren Hinweis: Heide Gresche, die frühere Bedienstete von Migaele di Baligur, erhang sich, nachdem sie seinen Namen schreiend durch die Wangalener Gassen lief. Eine weitere Person mit Verbindung zu dem Dämon... tot.
Doch die Lage scheint ernster denn je: Die Bestie ist scheinbar erneut entfesselt, wie genau ist noch unklar, drei der damaligen Helden werden zur Zeit vermisst, der Aufenthaltsort von Ron ist ebenso unbekannt. Mögen die Götter uns beistehen.
Ihr seid verloren.