Jette Jettsam saß vor ihrer selbst zusammen geschusterten windschiefen Strandhütte auf einem wackeligen Stuhl vor einen recht stabilen Tisch, letzteres lag wohl daran, dass sie den irgendwo aufgetrieben hatte, und nicht selbst zusammen „gezimmert“, recht abgelegen von der nahen Stadt Goragossa, aber mit dem Vorteil, dass keiner Miete wollte, ihr die Hütte keiner streitig machte, man manchmal nur Mangos, Krabben und Kokosnüsse in der Nähe aufsammeln musste, um eine kostenlose Mahlzeit zu haben, Ruhe und einen Blick aufs Meer.
Der schon reichlich benebelte Blick der jungen dunkelbraunhaarigen Frau, mit den recht kantigen, und etwas harten Gesichtszügen, und dunklen tiefliegenden Augen, wanderte prüfend von der angebrochenen Flasche mit Rum zu dem gemischten Obsthut, überlegend, ob sie zuerst noch einen fingerbreit Rum zu sich nehmen sollte, oder zuerst eine Banane von dem Obsthut pflücken, damit sie was andres in den Magen bekam, außer Rum.
Beides hatte sie auf dem Nachhauseweg vor zwei Stunden erworben. Den Rum zum Trost, denn sie hatte ein Problem, den Obsthut, weil sies witzig fand, dass ein Händler dicke Strohhüte mit Obst und anderem garnierte und so verkaufte, außerdem aß sie gern Obst.
Seufzend griff sie doch wieder zur Flasche und gönnte sich einen großzügigen Schluck. Da hatte man Glück, und dann wars doch ein Missgeschick. Sie war einfach nicht stark und geschickt genug. Beim Straßenkehren hatte sie ein Holzblättchen gefunden, und nun waren alle verrückt danach diesne Holzplättchen. Den Schwächeren, die eins hatten wurde es geklaut. Zwei Tote gabs in letzter Zeit sogar, angeblich... nun ja, wissen tat man nichts, doch geredet wurde, um an ihre Holzplättchen zu kommen. Sie hatte das gefundene inzwischen vergraben, ein ganzes Stück von der Hütte entfernt und gejammert, als sie gefragt wurde, woher das blaue – selbstgeschlagene, aber das verriet sie natürlich nicht – Auge her ist, dass sie ausgeraubt worden war. Sie hoffte damit erst Mal sicher zu sein. Aber auf der Insel war auf eine stille Art die Hölle los. Keiner traute einem mehr übern Weg. Pah, Ehre unter den Piraten, man hält zusammen. Naja, hier gabs einen Orden der zwei Piraten als Sklaven für sich arbeiten ließ. Und keiner half den Burschen. Von wegen Ehre. Und sie selbst galt nicht mal als Piraten. Wenn sie mal unter einem Käpten anheuern konnte, musste sie immer nur schrubben, schrubben, schrubben. Und ihr Anteil an der Beute war ein Witz dann. Da war ja Straßenfegen besser.
Als sie seufzend, den nächsten Schluck Rum ihre Kehle runter rinnen ließ, stutzte sie. Der Hut bewegte sich. Sie hatte wohl zuviel intus. Sah dann aber genauer hin. Moment, ein Papagei. Von den Biestern gabs hier wahrlich genug. Sie verscheuchte das Vieh, was sie fast einen Finger kostete, und während sie dem zornigen Federball eine Kokosnuss nachwarf, die auch am Hut gewesen war, krächzte dieser empört, „kielholen, kielholen“. Irgend so einem Blödsinn wurde den Viechern doch immer beigebracht. Verärgert konzentrierte sie sich wieder auf dem Rum und ihr Problem. Sie brauchte dieses Blättchen hier gar nicht erst versuchen zu verkaufen. Man würde es ihr abnehmen, ohne zu zahlen. Und von der Insel zu verschwinden, sie seufzte schon wieder, und der nächste Schluck. Man würde vermutlich eine Menge Spaß dabei haben sie zu durchsuchen, nebst ihren Gespäck, gleich ob als Passagier oder als Deckschrubberin.
Sie brauchte Hilfe. Ihr Blick glitt ärgerlich zu dem immer noch schimpfend krächzenden Federwisch, und plötzlich fing sie an zu lachen. Ja so ein Wundervogel, das wärs. Wohl das dämlichste Seemannsgarn, was in den Seemannskneipen gesponnen wurde.
Ein grüner Papagei, der einen Säbel führen kann, Maat ist, mutig, Piratenehre hat, und allerlei wunderliche Abenteuer besteht, und höre und stauen, Seemännern sogar hilft. Ja so ein Wundervogel wäre doch mal ne Hilfe. Inzwischen kicherte sie, und ihre Laune war so gut, dass sie dem Unvieh eine Banane zu warf, was ihn immerhin soweit beschäftigte und zufrieden stellte, dass der Papagei das Krächzen aufhörte.
Vier fingerbreit Rum später hielt sie es, immer noch kichernd, für eine gute Idee, dem Wundervogel eine Flaschenpost zu schicken. Immerhin, die Rumflasche würde bald leer sein, und sich dafür eignen. Sie hatte eindeutig zuviel. Naja, aber so was weiß man ja nie selbst.
Schreibzeug war schwankend aus der Hütte geholt und im krakeligen Imperial begonnen,
Werter Papageienmaat... äh, wie war noch der Name? ... Jette suchte sich zu erinnern.. Po..Po..., ach, alle Papageien hießen Polly,
Werter Papageienmaat Polly,
Jette konzentrierte sich, so gut es ging, wie weiter, was formulieren... hm, vielleicht, ja vielleicht war gut,
vielleicht wäre es ja ein neues Abenteuer, einer unerfahrenen Piratin zu ihrem Glück zu verhelfen und sie und ihren Schatz in Sicherheit zu bringen.
Tja, anbieten sollte man auch was. Was mögen Papageien? Sie blickte zu dem Papagei, der ganz zufrieden mit dem Fressen seiner Banane beschäftigt war.. und schrieb...
Zwei Bananenhüte und einen Sonnenblumenhut, mit ganz vielen reifen Kernen, im Sonnenblumenboden.
Und weil sie nicht wusste, ob Seemansgarn-Maatvögel lesen konnten, malte sie noch zwei Bananenhüte und einen Sonnenblumenhut aufs Papier.
Dann fiel ihr noch ein, dass man sie ja finden musste, und sie malte, nun ja, halbwegs erkennbar die Umrisse der Insel Scnab, und bezeichnete die Stadt Goragossa mit einem X.
Da sie das Schreiben bereits aufgehört hatte, und ins Malen übergegangen war, vergas Jette zu unterschreiben. Was vielleicht auch besser war. Auch bemerkte sie nicht, dass man meinen könnte, dass die Obsthüte ihr Schatz sind, nicht die Belohnung dafür. Aber das machte nichts. Denn wenn sie morgen ihren Rausch ausgeschlafen hat, wird sie sich eh nur noch recht vage daran erinnern und das Vage bald vergessen.
Der letzte Schluck Rum aus der Flasche geleert, der Brief hineingestopft, verkorkt, zum Strand gewankt und das ganze, eher kurz, ins Meer geworfen. Trotzdem, wurde die Flaschenpost mit den Gehzeiten in eine Meeresströmung gezogen.
Gegenwart
Eine Flasche schwimmt im Meer, nicht allzu weit von einer Küste entfernt und reflektiert glitzernd das Sonnenlicht. Jedenfalls fiel der „Leckerbissen“ einem Albatros auf, der ihn erbeutet.
Hm, hart ist er ja schon dern Leckerbissen, komisch, ... aber noch bevor der Albatros zu dem Gedanken gekommen ist, dass es vielleicht gar nicht fressbar sei, und getrost fallen gelassen werden kann, tauchte ein Konkurrent auf, der ihm den Leckerbissen Flaschenpost abjagen wollte. Soooo geht das natürlich nicht. Nichts war nun begehrlicher als diese Flasche für beide Albatrosse.
Die beiden riesigen Flugakrobaten, beherrschten über Stunde,n sich jagend und miteinander kämpfend, den Luftraum, weite Strecken legten sie dabei zurück, weit ins Landesinnere, zurück, raus aufs Meer, wieder zur Küste, über Schiffe hinweg, über Flüsse und Dörfer, Städte auf dem Land, sogar kühle Gebirge erreichten sie. Schließlich nach vielen, vielen Stunden, es dämmerte schon, wurde dem ersten Albatros die Flasche zu schwer und sie entgliett seinem Schnabel. Im Sturzflug sauste er hinterher, natürlich so knapp gefolgt von seinem Widersacher, dass sie einander im Sturzflug mit den Schnäbeln behackten, und so stürzten eine Flasche und zwei riesige Albatrosse, die zu sehr mit sich selbst beschäftigt waren, um rechtzeitig zu bremsen... auf etwas zu....
Spoiler: