Sa 23 Aug, 2008 16:53
“Laut wie der Sturm
so weit wie das Meer
Hass und Freud neu gebor'n
so ziehst du umher.
Leise versenkt
die Fahne der Freiheit
die Farbe nicht kennt
vorbei alle Zeit
danket dein Säbel dem Wind
der dich trägt...“
Celestine Arguria saß schon seit geraumer Zeit in einer verrauchten Ecke dieser miesen Spelunke im Herzen des Südhafens von Havena und beobachtete die Feier der Seeleute. Während sie ihre Lieder schmetterten und auf dem Tisch zwischen allerlei halb gegessenen Speisen tanzten, schwirrten zahllose Bedienstete um die große Tafel herum und versuchten den Schaden zu begrenzen.
Celestine schüttelte ob der vielen Obszönitäten angewidert den Kopf. Ihre Finger trommelten voller Ungeduld auf dem Tisch. Die Zeit schien mit jeder Minute die sie hier länger saß, langsamer zu vergehen. Sie griff nach ihrem Krug und nahm einen kräftigen Schluck... der nur halb so kräftig ausfiel, wie sie ihn gerne gehabt hätte – schon wieder leer. Ärgerlich wandte sie ihren Kopf herum, in der Hoffnung einem der Kellner noch eine Bestellung mitgeben zu können.
In diesem Moment öffnete sich knarrend die Tür und ein Tulamide in einem langen, schwarzen Ledermantel trat ein. Sein Haar war komplett rasiert und sein Bart zu zahlreichen kleinen Zöpfen geflochten. Chleruv Conce, die rechte Hand vom Käpt'n Nebjev.
Hinter ihm traten noch zwei weitere Männer ein. Einer von ihnen war der Thorwaler Aleif, ein blonder Hüne, dessen Gesicht mit Tätowierungen übersät war, den anderen kannte sie nicht, er schien aber ein Südländer zu sein.
Chleruv drängte sich rücksichtslos durch die Anwesenden zu Celestines Tisch und setzte sich ihr gegenüber. Der Südländer setzte sich neben sie und Aleif blieb stehen.
“Nun, Arguria. Habt Ihr, worum Euch der Käpt'n gebeten hat?“ fragte der Tulamide. Celestine grinste und lehnte sich zurück. Natürlich hatte sie die Informationen besorgt. Auf sie war Verlass und das wusste der Käpt'n auch. Keine Information war sicher vor ihr, wenn nur der Preis stimmte. Und Nebjev zahlte gut.
Sie kramte in der Innentasche ihres Mantels und fischte einen Packen Papier heraus, den sie auf den Tisch fallen ließ. Chleruv sah sich die Dokumente an und grinste schelmisch. “Ihr habt wieder Mal bewiesen, dass Ihr Euer Geld wert seid, Arguria.“ Er verstaute die Blätter in einer Tasche und gab dem Thorwaler ein Zeichen, woraufhin dieser einen kleinen Lederbeutel auf den Tisch legte. Celestine öffnete ihn und ließ die Münzen auf den Tisch prasseln. Ein kurzer Blick; die Bezahlung stimmte. Man würde nicht noch einmal wagen sie zu betrügen.
“Ach ja“, fuhr Chleruv fort,“habt Ihr auch etwas über die Garde des Ratsherren herausfinden können?“ Celestine nickte bedächtig und sah in die fragende Miene des Tulamiden. “Vergesst es, Conce. Diese Informationen sind im Preis nicht inbegriffen. Ihr kennt die Regeln.“
Chleruv funkelte sie wütend an. Er hasste es, wenn jemand nicht nach seiner Pfeife tanzte. Aus den Augenwinkeln sah Celestine, wie der Südländer neben ihr unter dem Tisch einen Dolch in der Hand wiegte. “Natürlich kenne ich die Regeln!“ fuhr Chleruv sie an. „Und ich weiß auch, dass IHR die Regeln nicht macht.“
“Ruhig Blut, Conce.“ entgegnete Celestine ihm mit gespielter Gelassenheit. “Was meint Ihr würde Nebjev sagen, wenn seiner besten Informantin etwas zustößt, weil Ihr Euch nicht an die Regeln haltet?“ Chleruv kochte. Doch wohl oder übel; er musste sich zusammenreißen. “Zahlt sie aus“, befahl er und ein weiteres Mal erhielt Celestine den gerechten Lohn für ihre Arbeit.
Erneut kramte sie Dokumente hervor und legte sie auf den Tisch. “Befehlsstruktur, Anweisungen, Wachwechsel, Kontakte... Das wird mehr sein, als Ihr braucht.“
Chleruv steckte auch diese Blätter ein und nickte. Dann holte er seinerseits einen Zettel hervor und legte ihn auf den Tisch. “Ihr sollt Euch da mal umsehen, Arguria. Ihr wisst ja wie das abläuft.“ - „Wie viel?“ fragte Celestine. “100“, antwortete Chleruv. Celestine nickte stumm und steckte den Zettel ein. Dann erhob sie sich und näherte sich dem Gesicht des Tulamiden. “Heute lass ich Euch die Zeche zahlen. Doch beim nächsten Mal warte ich nicht mehr so lange.“ hauchte sie ihm zu.
Dann ging sie hinaus.
Di 26 Aug, 2008 20:28
Tags darauf stand Celestine vor dem Kleiderschrank des kleinen Zimmers, das sie in Havena genommen hatte und überflog immer wieder die Notizen auf dem Zettel, den Conce ihr gegeben hatte.
"Lagerhaus Terebold, Südhafen von Havena.
Umsehen, eventuelle Wertgegestände sondieren, Informationen über Bewachung und eventuelle Sicherheitslücken sammeln", murmelte sie halblaut vor sich hin.
Schließlich warf sie den Zettel beiseite, trat an den Schrank und wühlte in der ihr zur Verfügung stehenden Garderobe. "Als Wache verkleiden... als Adlige... als Inspekteurin...?" sinnierte sie vor sich hin. "Naja, sollte ja eigentlich ein einfacher Job sein. Schwarze Kleidung und ein wenig Diskretion sollten genügen", entschied sie schließlich.
Als sich die Sonne gegen den Horizont senkte und den Himmel in ein blutiges Rot tauchte, machte sie sich auf den Weg. Zuerst schritt sie die Straßen entlang der Fassanden ab, überprüfte Fenster und Türen. Dann setzte sie sich auf die Treppe vor dem Hauseingang, zündete eine Pfeife an und observierte den EIngang, bis es dunkel wurde.
Als der Pförtner schließlich die großen, stahlbeschlagegen Eichentore schloss und Posten bezog, erhob sich Celestine langsam und schlenderte noch einmal um das Gebäude herum. Drinnen brannte noch schwaches Licht, offenbar von einer Kerze oder so, ansonsten war nichts zu erkennen - eine lausige Bewachung. Entweder es gab hier nichts zu holen, oder der Inhaber war neu in Havena.
Schließlich beschloss Celestine, dass es soweit war. Sie schlich in die Gasse an der Hinterseite des Gebäudes, die voll mit Kisten stand. Dann legte sie ihren Mantel ab, verstaute ihn sorgsam zwischen den Kisten und stieg dan einen der Stapel hoch, bis sie an den Fenstern angelangt war. Ein paar geschickte Handgriffe - und das Fenster stand einladend offen.
Celestine schlüpfte durch das Fenster und verschloss es sorgsam - so weit eigentlich ganz leicht. Dann sah sie sich um.
Sie befand sich in einer riesigen Halle, in der sich riesige Mengen von Kisten stapelten. Sie selbst stand auf einer höheren Etage, die einmal rund herum führte und mit einem hölzernen Geländer abgesichtert war. An der einen Ende befand sich die Treppe nach unten, am anderen Ende eine Tür. Celestine schlich zuerst zur Tür, an der ein Schild angebracht war, auf dem zu lesen war: "J. Terebold, Direktor" Ein Volltreffer!
Leise öffnete die junge Frau die Tür und betrat den fensterlosen Raum. Sie entzündete eine Kerze und durchsuchte den Schreibtisch der nahezu das ganze Büro einnahm. In den endlosen Stapeln von Papier fand sie schließlich ein Buch, indem die kompletten Waren des Lagerhauses akribisch aufgelistet waren. Sie verstaute das Buch in ihrer Tasche und strich den Inhelt der Kasse, die sie in einer verschlossenen Schublade fand für sich ein.
Zurück in der Halle beschloss Celestine, sich auch im Rest des Gebäudes umzusehen. Sie hatte zwar, was sie wollte, doch es war immer gut, mehr Informationen zu finden, oder etwas, das sie selbst gebrauchen konnte.
So betrat sie den Eingangsbereich und schlich die kleine Wendeltreppe hinauf, die in ein oberes Geschoss führte. Dort gab es, neben einer Treppe die offenbar zum Dachboden führte, zwei Türen. Hinter der einen befand sich ein Zimmer, der mit allerlei wertlosen Gerümpel vorgestellt war, aus dem anderen kam das Licht, dass sie schon von draußen gesehen hatte und kaum verständliche Stimmen.
Celestine presste das Ohr an die Tür. "geheim... Karte... Boss..." Mehr konnte sie nicht aufschnappen, als sich schließlich die Klinge bewegte. Erschrocken wich sie zurück und huschte nach kurzem Überlegen die Treppe zum Dachboden hinauf. Sie hörte schwere Stiefeltritte und konnte erst nicht erkennen, ob sie näherkamen oder sich entfernten und so zog sie sich zwischen das Gerümpel zurück.
Als die Tritte verstummt waren und Celestine ihre Sinne wieder gebrauchen konnte um sich zumzusehen, entdecke sie, dass aus einer Ecke schwaches Licht kam. Vorsichtig näherte sie sich, und sah, dass eines der Dielenbretter sich gelöst hatte. Es war das Licht des unteren Raumes, das zu ihr heraufschien. Erfreut kniete sie sich hin und sah durch das Loch.
Im Raum unter ihr konnte sie 5 Gestalten erkennen, die sich über einen Tisch beugten, auf dem eine Karte lag. Eine der Gestalten fuhr mit dem Finger auf der Karte herum, doch was sie sagte, war für Celestine nicht verständlich.
Dann faltete die Gestalt die Karte zusammen, verstaute sie in einer Schatulle und sperrte sie in eine Kommode. Dann verließen sie den Raum.
Celestine hatte zwar nicht verstanden, was die Gestalten gesagt hatten, doch mit dem, was sie vor der Tür aufgeschnappt hatte, konnte sie sich zusammenreimen, dass die Karte wertvoll war. Denn entweder war sie geheim, weil sie zu etwas wertvollem führte, oder sie würde jemanden finden, der für diese Karte Geld bezahlen würde.
In diesem Moment hörte sie ein Knacksen hinter sich. Sofort fuhr sie herum, doch was auch immer da war, es war schneller. Ein Schlag traf ihren Kopf und während ihr die Schmerzenstränen in die Augen schossen und ihre Sinne versagten, brach sie zusammen - sie hätte vorsichtiger sein sollen!