Im Rahmen der weiteren HKR-Ausgestaltung ein Entwurf zum Thema "Recht und Gesetz". Dieser Text (bzw. die Überarbeitung) würde dann im HKR-Hauptartikel Eingang finden. Meinungen? Beiträge? Ergänzungen?
Rechtsquellen, Rechtssubjekte und Rechtsprechung
Das Heilige Kaiserreich besitzt eine vielschichtige Rechtsarchitektur, bei der regelmäßig Konkurrenzverhältnisse und sogar direkte Widersprüche auftreten. Häufig ist auch entscheidend, welches Rechtssubjekt Gegenstand der Betrachtung ist: Adelige oder Geweihte können sich so zumeist auf eigene Rechtswerke und dementsprechend großzügig definierte Schutz- und Kompetenzbereiche berufen.
Demgegenüber steht die große Masse der einfachen Landbevölkerung, städtischer Armen und Wanderarbeiter, welche sich zwar auf einige reichsweite Edikte berufen können, de facto aber mangels finanzieller und standesbezogener Möglichkeiten manchmal der relativen Willkür örtlicher Machthaber ausgeliefert sehen.
Trotzdem bietet das Kaiserreich einen relativ hohen Grad an Rechtssicherheit, und selbst mittellose Kläger haben Anspruch auf rechtlichen Beistand (bspw. der nächste Geweihte des Pantheons). Die Zeit absolut willkürlich herrschender Landesherren liegt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in der Vergangenheit.
Sowohl Kaisertum als auch aufstrebendes Bürgertum der großen Städte haben dazu beigetragen, dass die Idee des “Rechts für Jeden” mehr oder weniger allgemeine Akzeptanz findet.
Unqualifizierte Rechtsnormen, die jedem Individuum im Kaiserreich zustehen, sind zum Großteil in der historischen “Lex Eodatiae” verankert. Nennenswerte Gesetze umfassen unter anderem: (a) Anspruch auf gesetzlichen Beistand (in Ermangelung eines Advocaten sind auch Geweihte hierzu befugt), (b) Verzicht auf hochnotpeinliche Befragung in zivilen Prozessen, (c) das Recht auf Gehör des Landesherren bei drohendem Todesurteil, (d) Verbot der Sklaverei und (e) jährliche Fürbitte um Gnadenerlass bei Kirchenfürsten oder Landesherren.
Neben der äußerst umfangreichen und historisch gewachsenen “Lex Eodatia” gehören auch die “Lex Imperialis” als Rechtswerk für den Adel und die “Lex Divinae” für Geweihte zu den althergebrachten Standardwerken.
Neben diesen drei großen Rechtsquellen existieren reichweite Edikte des Kaiserthrons, die aber oft recht allgemein formuliert sind und ebenso der formellen Bestätigung durch den Kleinen Reichstag bedürfen.
Andere Rechtsquellen sind regionale oder lokale Landesherren. Typische Gesetzesräume umfassen Waldnutzung, Jagd, Wasserrechte usw.
Die langsam gewachsene Bedeutung der Reichsfreien Städte und Freier Bürger des Kaiserreiches nimmt ebenso Einfluss auf Recht und Gesetz: Reichsfreien Städte wird das Recht zugestanden, eine umfangreichere Gesetzgebung und Rechtsprechung unabhängig zu gestalten und anzuwenden. Insbesondere finanzielle, wirtschaftliche und im weiteren Sinne zivilrechtliche Regelungen werden oft durch ein städtisches Gremium kodifiziert.
Wesentliche Elemente unterliegen aber unverändert dem Primat des Kaiserlichen Rechts, also den Bestimmungen reichsweiter Edikte auf Grundlage der “Lex Eodatiae”. Der Stadtrat einer Reichsfreien Stadt kann so beispielsweise nicht eigenständig den Anspruch auf Rechtsbeistand aufheben oder Adelige und Geweihte für Straftaten zu mehr als einer Geldstrafe verurteilen: Selbigen ist so unverändert das Recht auf “Iurisdictio per pares”, also die Rechtsprechung durch eine Versammlung ihresgleichen garantiert.
Für die große Masse der Bevölkerung sind zumeist nur zwei Arten von Rechtsprechung relevant: Das örtliche Gericht in Zivilfragen (Ehestreitigkeiten, Verträge, Entschädigungen usw.), sowie der örtliche Landesherr bei speziellen Zivilsachen und Straftaten (Steuerklagen, Diebstahl, Körperverletzung, Totschlag usw.). Wirklich spezielle Prozesse (welche viel seltener vorkommen als mithin angenommen) werden je nach Lage an die Kirche überstellt (Ketzerei) oder durch den Landesherren weitergereicht an seinen Lehnsherren (beispielsweise bei komplizierten Grenzstreitigkeiten mit anderen Domänen).