Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Intrigen und Bündnisse im Hochreich Nuovo Imperio und dem teilanhängigen Westendar

Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon Aracome » So 23 Okt, 2011 14:37

"Wohl und wahr gesprochen, Signeur di Capron Aureo," entgegnet der Marquis, milde lächelnd, begleitet vom zustimmenden Nicken den ersten Offiziers Levasseur. "Sosehr ich mich auf den Besuch Evangelistas freue, der Schutz von Bürgern und Ehre des Nuovo Imperio hat immer Vorrang."

In einer fliessenden Bewegung erhebt sich Aracome und ergreift eine frische Flasche Cargnac, edelster Güte, wie das Ettikett verrät, und füllt die Gläser der drei Offiziere höchstselbst nach. Anschliessend hebt er sein Glas in theatralischer Pose. "So lasst uns trinken auf ihre Kaiserliche Majestät Alena die zweite...und auf den Erfolg unserer Operation!" Erklingt seine Stimme in durchdringenden und würdevollem Ton. Levasseur erhebt sich nur Sekunden nach dem Marquis und beschränkt sich auf das bestätigen des Trinkspruches. "L'Imperatrice!"

"Lasst uns zum Ende des Abends ausserdem in Demut zu Athos und Aiagos beten, auf das sie unserem Vorhaben zulächeln und ihren Segen über uns ausbreiten mögen," fährt der blasse Marquis weiter fort und schenkt Andrea ein weiteres mildes Lächeln. "Würdet ihr uns die Ehre erweisen das Gebet zu sprechen, Signeur die Capron Aureo?"
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Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon powl » Fr 28 Okt, 2011 13:51

"Auf die Kaiserin", stimmt Andrea in den Trinkspruch ein. Für den nasalen Singsang der Endroullaner konnte er sich schwerlich erwärmen.
Genauso wenig, wie für die Aufforderung des Marquis, das Gebet zu sprechen. War sein Verhältnis zu den Göttern doch wenig frömmelnder Natur, pflegte er seine Gebete im Stillen für sich zu sprechen. Umso mehr bedauerte er es, dass Levasseur noch nicht seinem Kommando unterstand und er so keine Gelegenheit hatte, diese Bürde abzuwälzen. Um Zeit zu gewinnen, begann er mit einem ausgedehnten Räuspern, ehe er sich durch rang:
"Iatan und Athos, Beschützer des Nuovo Imperio.
Weitet Euren Schutz aus, auch auf uns, die wir dem von Euch gesegneten Reich dienen, seine Macht erhalten und mehren und seinen Feinden die Vernichtung bringen. Die wir der Schwertarm des Imperio auf Aiagos Wogen sind, erfüllt diesen Arm mit Stärke und unsere Herzen mit unerschütterlichem Mut, damit unser Vorhaben ein wohlgefälliges Ende nimmt.
Aiagos, Beherrscher der Meere. Glätte Deine Wogen und sende uns die Winde, die unsere Feinde in ihr Verderben führen werden. Darum bitten Euch Eure Diener in Demut."

Nach diesen Worten leert er den kleinen verbliebenen Rest seines Cargnacs als Trankopfer über die Dielen und stellt das Glas ab.

Fast zeitgleich dringt der Klang der Schiffsglocke, mit der die erste Nachtwache fünf Glasen schlägt, in die Kajüte vor.
"Nun, ich denke es wird Zeit für mich, wieder auf mein Schiff überzusetzen. So wir die ablaufende Flut nutzen wollen, sind die Anker vor dem ersten Licht Iatans zu lichten und ich möchte die verbliebene Zeit noch für eine letzte Inspektion nutzen. Wenn ich Euch signore Lavasseur bitten darf, bis 3 Glasen der Morgenwache an Bord zu kommen? Die Kajüte des Ersten Offiziers wird für Euch geräumt sein."
Andrea hängt sich die Kartentasche wieder um und klemmt den Dreispitz unter den Arm, dann verneigt er sich zackig: "Seid vielmals bedankt, Eure Excellenz. Der Ruhm Eurer Köche besteht zu Recht, auch wenn er dem wirklichen Können nicht ganz zu entsprechen weiss. Ich hoffe, ich werde Gelegenheit finden, mich für Eure Gastfreundschaft zu revanchieren. Oder wenigstens einen bescheidenen Versuch in diese Richtung zu unternehmen. Mille grazie."
Abmarschbereit verharrt er, ob der Marquis ihm noch etwas mit auf den Weg geben wollte.
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Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon Aracome » Fr 04 Nov, 2011 16:53

Mit demütig gesenktem Blick verharren Levasseur und Aracome während Andreas Gebet und leeren zum Abschluss gleichzeitig mit diesem ihre Gläser über den Dielen aus. Nach dem erklingen der Glocke und Andreas abschliessenden Worten legt sich wiedereinmal jenes milde halblächeln auf des Marquis Lippen welches man von ihm gewohnt ist.

"Euer Besuch war mir eine grosse Freude...und nach dem Gespräch mit euch, auch wenn es nur kurz war, sehe ich positiv in die Zukunft. Mögen die Götter euch zulächeln, Seigneur di Capron Aureo." Ein nicken des Kopfes des bleichen Adeligen als Abschiedsgeste verstärkt den Eindruck des von ihm gewonnenen Respektes, wäre doch eine Verneigung, wenn auch nur angedeutet bei ihrem momentan noch bestehendem Standesunterschied doch, von seiner Seite aus, alles andere als notwendig.

"Dann ist es wohl auch für mich an der Zeit aufzubrechen," erklingt Levasseurs dunkele Stimme. "Ich werde dann damit beginnen einige der Veteranen auszuwählen um sie später mit mir mitzunehmen."

Ein einfaches Nicken Aracomes genügt Levasseur als Antwort und er verneigt sich tief, bevor er sich abwendet und sich anschickt den Raum mit Andrea zu verlassen. Draussen angekommen schliesst er die Kabinentür hinter ihnen und schenkt Andrea ein breites und durchweg ehrliches lächeln. Man hat den Eindruck das er Andrea am liebsten auf die Schulter klopfen würde...aber dies aufgrund der noch bestehenden Fremde als unpassend empfindet. "Na das lief doch sehr gut. Sogar das Gebet habt ihr noch hinbekommen....ich hatte da einen Moment lang meine Zweifel." sagt er mit einem Zwinkern. Sofort danach räuspert er sich jedoch, drückt den Rücken demonstrativ durch und salutiert vor Andrea. "Bis zur dritten Glase werden die Männer und ich fertig sein und an Bord kommen, Capitano. Es wird mir eine Ehre sein unter euch zu dienen."
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Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon powl » Fr 04 Nov, 2011 20:35

Andreas Augen ruhen mit strengem Ausdruck auf Levasseur: "So, Zweifel hattet Ihr, ob des Gebetes." Ganz langsam stiehlt sich ein leichtes Zucken um seine Mundwinkel, das sich nach den Worten: "Nun, ich auch!", zu einem satten Grinsen ausweitet. Er salutiert zackig und nickt dann. "Es ist mir eine Freude." Dann wendet er sich dem Niedergang zu, den er emporsteigt, bis er das Oberdeck erreicht hat. Unter dem obligatorischem Seitepfeiffen des Bootsmanns steigt er die Fallreep hinunter in das Beiboot, dass ihn schon bald wieder Richtung seines Schiffes rudert.

Langsam wurde vor dem Bug ihres kleinen Bootes der dunkle Umriss des Schiffes sichtbar. Aus einigen Luken fiel Licht auf die leicht gekäuselte See und zeichnete funkelnde Striche, die in immer anderem Muster den Weg vorzeichneten. Schliesslich gingen sie längsseits und eine unangenehme Kletterparte über das Fallreep später stand Andrea wieder auf dem Deck. Als Capitano di Corvetta stand Levasseur natürlich die Kajüte des ersten Offiziers zu.
Also ordnete Andrea an, dass der Tenente di Vascello die Kajüte räumen sollte. Es war klar, dass dieser einen der Guardiamarina seines Platzes verweisen würde, selbiger einen der Capo, bis sich schliesslich ein unglücklicher Sergente bei den Mannschaften zwischen den Geschützen seine Hängematte würde spannen müssen. Ein Grinsen machte sich in Andreas Gesicht breit, wenn er an die deftigen Flüche dachte, die dieses nächtliche Ringelreien nach sich ziehen würde. Die Miene, mit der sich der Tenente davonmachte, um seine sieben Sachen zu packen, liess jedenfalls einige derartige Stilblüten erwarten.

Andrea gab der Wache Order, ihn zu wecken und begab sich in seine Kajüte. Dumpfes Gepolter aus der Kajüte gegenüber zeugte davon, dass der Tenente seine Seekiste bereits transportieren ließ, bereit das Unheil über den Nächsten in der Reihe zu bringen. Mit leisem Lachen, an die Erinnerungen seiner eigenen Erfahrungen unter einem Kommando, zog er die Stiefel und die Jacke aus und knöpfte sein Hemd auf. Für die verbleibene Zeit lohnte es nicht, sich großartig auszuziehen. So legte er sich halb angekleidet auf sein Lager und lauschte dem leiser werdenden Gepolter, bis das Knarren des Schiffes und das Plätschern der Wellen am Rumpf ihn in den Schlaf wiegte.

...

Vernehmliches Klopfen riss ihn aus den Träumen.
Hatte er überhaupt geschlafen?
Mit einem Satz war er auf den Beinen und steckte sie sogleich in die hohen Stiefel. Dann ging er zu dem Toilettentisch und goss Wasser in die flache Porzellanschale. Süßwasser zum Waschen - ein Luxus der auf See nur noch dem ersten Offizier zustand. Das kühle Naß vertrieb die letzte Müdigkeit aus seinem Gesicht, dass er mit einem weissen Handtuch trocknete. Er schlüpfte in die dunkelblaue Jacke, schloss die vergoldeten Knöpfe und setzte den Dreispitz auf. So ausstaffiert verließ er die Kajüte und stieg empor bis er sich auf dem Achterdeck wiederfand, wo er die Offiziere, unter ihnen Levasseur begrüsste. "Buon giorno signores. Bitte antreten zu lassen."
Levasseur gab den Befehl weiter, der Befehl sprang die Kaskade der Offiziere hinab, bis ihn ein Sergente mit seiner Flüstertüte über das Deck brüllte: "Alle Mann an Deck!"
Getrappel unzähliger Schuhe hallte über die Planken und wenig später war das Deck gefüllt mit Seesoldaten, Matrosen, Unteroffizieren und Offizieren. Andrea trat an das Geländer des Achterkastells heran, beugte sich leicht nach vorn und stützte sich mit beiden Händen auf dem Handlauf auf. "Männer", rief er vernehmlich über das Deck, "heute stechen wir in See. Unsere Aufgabe ist schnell erzählt, aber wird nicht leicht zu erfüllen sein: Es ist an uns, die Seewege des Nuovo Imperio von den Piraten zu säubern, die sich in verachtenswerter Ignoranz über die Gesetze ihrer Majestät der Kaiserin hinwegsetzen. Ich weiss, jeder von Euch wird sein Bestes geben, zum Wohl unseres geliebten Auretianien.
Mit Athos und Aiagos für unsere Kaiserin."

Ein gellendes "HURRAH!" schlug ihm wie ein Brecher aus den Kehlen der Männer entgegen. "Va Bene", dachte er bei sich und rief lächelnd: "Zeigen wir's ihnen!"
Dann wendete er sich ab und sprach zu seinem ersten Offizier: "Signore Levasseur, lassen Sie wegtreten und bringen sie uns auf See, per favore."
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Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon Sohtist » Sa 03 Dez, 2011 09:34

Der anfänglichen Enttäuschung wich alsbald der Entschluss, dass es eines Planes B bedurfte. Der Ausflug zu jenem Nest, welches Eingeweihten als Hort seeräuberischer Tugenden bekannt war, hatte sich als Reinfall Erster Klasse erwiesen. Einige Feiglinge waren anzutreffen gewesen, die wohl nicht einmal den Mumm besaßen, ihrer eigenen Großmutter ein stück Kuchen vom Teller zu stehlen, geschweige denn die rauhen Planken eines Schiffes zu betreten, um ein großes Stück vom imperialen Kuchen zu erbeuten. Doch Valpo war kein Mann, der allzu leichtfertig seine ambitionierten Pläne aufgab und aus diesem Grund wusste er auch bald, wie die Sache fortzusetzen war.

In der Ferne hatte er von einer Capitanya gehört, die sich ihren Namen als Schrecken der Goragossasee wohl verdient hatte: Morgana de Goragossa. Doch wo war sie zu finden? Keine leichte Aufgabe, beim Krähenmann. Die Wogenreiter lief in den folgenden Wochen unter falscher Flagge mehrere kleine Häfen an der auretianischen Küste an und überall versuchte Valpo näheres über den Aufenthaltsort Morganas herauszufinden. Schließlich wurde er fündig, in einem kleinen Fischerdorf an der Ostküste des Herzogtums Nathania. Der Wirt der kleinen Kneipe, in der sich eigentlich niemand außer den ansässigen Fischern aufhielt, kam Valpo gleich westendarisch vor. Trotz seines Schmerbauches sah man dem Wirt an, dass dieser einst ein erfahrener Seefahrer gewesen sein musste, und eine Tätowierung auf dem Unterarm verriet, dass er früher einmal von der kaiserlichen Marine gefangen und wegen Piraterie verurteilt worden war. Langsam kam man ins Gespräch und nachdem der Vorhang des anfänglichen Misstrauens gefallen war, tranken Valpo und der Wirt bis früh in den Morgen einen Wacholderschnaps nach dem anderen. Eine Übung, die Valpo leicht fiel, sodass er einen einigermaßen klaren Kopf behielt, während sein Gegenüber zusehends redseliger wurde. Schließlich konnte er dem Mann einige wertvolle Informationen entlocken. Morgana, so wurde ihm eröffnet, hielt sich derzeit an einem Ort auf, der nicht gefährlicher und gerade deshalb besser gewählt sein konnte, nämlich im Herzen des Reiches, in San Aurecciani. Der Hafen dieser Stadt war ein Bollwerk der kaiserlichen Marine, doch Valpo kannte diesen Ort besser als jeder Andere seinesgleichen. Noch in derselben Nacht schickte er seinen Bootsmann zurück auf die Wogenreiter, die wenige schleuderweiten vor der Küste lag. Der Befehl für die Mannschaft lautete, das Schiff auf wenig befahrener Route bis Salento zu bringen, um dort nördlich der Stadt darauf zu warten, dass Valpo wieder zu ihnen stoßen würde. Er selbst machte sich am anderen Tag auf den Weg nach San Aurecciani und wählte dafür den Landweg.

Um nicht aufzufallen, verkleidete Valpo sich als Tagelöhner, eine Rolle, die man ihm selbst mit geübtem Blick gerne abkaufte. So war es nicht schwer, bis hinter die Tore der Hauptstadt zu gelangen. Dort gab es eine Anlaufstelle für ihn, in der sich zwielichtige Gestalten wie Motten um eine Öllampe sammelten: Il Rotto della Cuffia. Die schmierige Kaschemme war eines der übelsten Etablissements im Hafenviertel Alt-Heroidas. Hier traf und betrank sich all das Gesindel, das tagsüber still war und nachts seinen zwielichtigen Geschäften nachging. Ein Ring, den er seinem alten Kapitän nach dessen Absetzung abgenommen hatte, und der ihn als Angehörigen der Bruderschaft der Freien Wogen ausgewiesen hatte, sollte Valpo nun dazu dienlich sein, Kontakt mit Morgana aufzunehmen. Dazu einige Goldstücke, um sich die Dienste des Wirts zu sichern und dann hieß es erst einmal wieder abwarten und derweil die angenehmen Dinge des Lebens zu genießen: Den scharfen Schnaps des Hauses, die Dirnen auf den Straßen des Hafenviertels und das verlauste Strohlager in der Kaschemme, das er für die nächste Zeit gemietet hatte. Wenn Morgana wirklich so abenteuerlustig war, wie ihr nachgesagt wurde, dann würde sie sich schon melden, früher oder später. Doch Valpo hatte Zeit...
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Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon Levthan » So 04 Dez, 2011 20:14

Morgana saß im Kreise einiger ihrer Mannen, als der Wirt des Il Rotto della Cuffia mit bemerkenswerten Neuigkeiten an sie herantrat. Ein Name, ein Gesuch und ein Ring mit einem bemerkenswerten Symbol. Morgana hielt sich selbst für ausgemacht bodenständig - zumindest für eine Piratin. Entsprechend hatte sie die Bruderschaft der freien Wogen nachdem sie sich an einigen Stellen über diese kundig gemacht hatte, schließlich ins Reich der Legenden verwiesen. Schln möglich, vielleicht hatte es mal einen Bund Freibeuter gegeben, die unter diesem Namen die See besegelt hatten. Doch gewiss waren jene Taten die ihnen zugeschrieben wurden vollkommener Seemannsgarn. Dieser Tage machte man Beute nicht mehr mit tollkühnen Geschichten, sondern mit Konsequenz, Auffassungsvermögen und einer schnellen Hand am Säbel. Dieser Tage war ihr Name einer jener, der Matrosen im Antlantik und der Sartogassosee in Angst und Schrecken versetzte. Um so nachdenklicher machte sie der güldene Ring zwischen ihren Fingern, der ihr höhnisch glänzend das Symbol der Bruderschaft entgegenwölbte.
Entschieden erhob die junge Frau sich. Ohne die fragenden Blicke ihrer Mannschaft zu beachten, trat sie, mit laut auf den Bohlen der Taverne widerhallenden Absätzen auf den Wirt zu und neigte sich ihm verschwörerisch zu. Es bedurfte einiger schallender Hiebe, ehe sich dessen Aufmerksamkeit von ihrem wenig züchtigen Dekollete löste und sich ihren Anweisungen widmete.

Zwei Tage später schließlich war Morgana erneut Gast im Il Rotto della Cuffia. Allein, ebenso wie sie dem Wirt aufgetragen hatte, es von jenem Mann zu fordern, den zu treffen sie heute hier war. Der goldene Ring, den ihr der Seemann, dessen Name ihr durchaus nicht unbekannt war hatte zukommen lassen, zierte provokant ihren rechten Ringfinger. Sie wusste, dass der Ruf Valpo Plattkloppers unter Ihresgleichen dem ihren in nichts nachstand. Entsprechend hatte sie heute viel riskiert, um ihn in würdiger Tracht zu empfangen: Ihr abgegriffener Dreispitz trotzte stolz dem schwarzen Haar der jungen Seeräuberin, wie es ihr Schiff mit den Wellen der auretianischen See tat, der schwere nordahejmer Mantel ruhte prachtvoll auf ihren Schultern, dem hermelinverbrämten Ornat eines Königs gleich, und an ihrer Seite klapperte gedämpft ihr Waffengehänge mit Florett und Linkhand deren mit Gold verzierte Griffkörbe auch dem Schwerfälligsten klar machen sollten, wer hier das Kommando für sich beanspruchte.
Irritiert vernahm Morgana ein leichtes Zittern in ihrem Atemzug, als sie, bereits an jenem Tisch sitztend, an dem sie Valpo zu treffen gedachte noch einmal tief Luft holte. Die leichten Kaperfahrten auf wehrlose Handelsschiffe der letzten Wochen waren ihr zur Routine geworden. Nun endlich passierte mal wieder etwas und das ging nicht spurlos an der einäugigen Seefahrerin vorrüber...
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Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon Sohtist » Di 06 Dez, 2011 08:12

Ein Strahl der späten Nachmittagssonne kitzelte Valpo im Gesicht und weckte ihn dadurch. Die Nacht war lang und aufregend gewesen und noch immer lag die blonde Dirne Rhajana tief schlummernd in seinen Armen, ihren Kopf auf seiner nackten Brust gebettet. 'Wie spät es wohl sein mag?' dachte er bei sich, so gut es ihm sein brummender Schädel erlaubte. 'Verdammter Grog... und welchen Tag haben wir eigentlich?'
Wie von einem Blitzschlag getroffen riss es Valpo, als ihm die Antwort auf seine Frage einfiel. "Zu spät, verdammt noch eins!"
Mit einem mal war er hellwach. Heute, genauer gesagt JETZT, sollte er Morgana treffen! Er versuchte aufzustehen, doch Rhajana, die durch seinen Versuch ebenfalls wach geworden war, hinderte ihn daran, indem sie ihren Arm um seinen Hals schlang und murmelte: "Mein Seebär, lass uns noch ein wenig kuscheln."
Valpo stieß das Mädchen ärgerlich von sich und erhob sich schnell. "Keine Zeit," antwortete er brummig, "ich bin spät dran."
Verduzt öffnete Rhajana die Augen und erhob sich halb, um Valpo besser beobachten zu können. "Was soll das?" fragte sie und ihre Stimme klang nun ebenfalls ein wenig verärgert. "Hast du mir nicht versprochen mich heute Abend auszuführen?"
Hatte er das wirklich? Er konnte sich nicht mehr daran erinnern. 'Verdammter Grog,' dachte er wieder, doch seine Antwort auf Rhajanas Frage war wenig diplomatisch: "Scher dich zum Krähenmann, Hure! Ich habe gesagt, dass ich keine Zeit habe, oder was verstehst du daran nicht?"
Schnell zog er seine dreckige Lederhose und das schmuddelige Leinenhemd über, das er wenig sorgsam zuschnürte. "Aber...," wollte Rhajana aufbegehren, doch Valpo schnitt ihr das Wort mit einer herrischen Geste ab und kramte schnell einige Münzen aus seinem Geldbeutel, die er auf das Bett warf.
"Hier. Ich denke, das sollte genug für deine Dienste sein und auch noch für ein ordentliches Essen reichen. Und nun mach hin und verschwinde! Wenn ich zurück komme will ich dich nicht mehr sehen, verstanden!?"
Eine Antwort wartete er gar nicht mehr ab. Schnell schlüpfte er in seinen zerzausten Ledermantel und fuhr sich mit den Fingern durch das fettige Haar. Für ausreichende Körperpflege war jetzt keine Zeit mehr. Stattdessen griff er seinen Hammer, steckte ihn in das Gehänge an seinem Gürtel und öffnete die Tür, um aus dem Zimmer zu verschwinden.
Rhajana blieb allein zurück, unsicher, ob sie nun nicht gut genug gewesen war oder was wohl der Grund für Gofredos üble Laune war. Gofredo, so hatte er sich ihr vorgestellt und sie ahnte nicht, dass es nicht sein richtiger Name war. Es war ihr aber auch egal. Wer sie so behandelte, hatte es nicht verdient, dass man ihm auch nur eine Träne nachweinte. Und sie würde schon dafür sorgen, dass er in dieser Stadt keine Freude mehr haben würde!

Valpo stieg die knarzende Treppe hinab in den Schankraum des Rotto della Cuffia. An einem Tisch etwas abseits vom Geschehen erblickte er eine schwarzhaarige Schönheit. Das musste sie sein, sie war wirklich eine Piratenbraut wie aus dem Buche. Ihm fielen die Erzählungen über Käptn Rotbart ein, die ihn durch seine Jugendtage begleitet hatten. 'Ja, so habe ich mir Esmeralda immer vorgestellt,' dachte er bei sich. Sie sah ein wenig ungeduldig aus, trippelte mit den Fingern auf der Tischplatte herum. Ob sie wohl schon lange wartete? Um sie bei seinem Anblick gleich milde zu stimmen beschloss er, erst einmal ein Getränk für sie und sich zu besorgen, wanderte zum Tresen und bestellte beim Wirt... Grog. 'Verdammter Grog,' dachte er wieder. 'Verdammt verdammter Grog!'
Mit zwei Tonkrügen, aus denen die heiße Flüssigkeit dampfte, trat er an den Tisch der mutmaßlichen Piratin und setzte sich. Mit einem süffisanten Lächeln schob er erst einmal einen Krug zu Morgana hinüber und zog die Augenbrauen nach oben. 'Nicht übel,' dachte er bei dem, dessen er ansichtig wurde, als er die Braut musterte, doch um nicht unhöflich zu sein, richtete er schnell das Wort an sie: "Da wären wir also. 'Tschuldigung, falls ich Euch etwas zu lange warten ließ... Geschäfte, Ihr versteht?"

In diesem Moment kam Rhajana die Treppe herunter und wollte die Taverne verlassen, als sie ihres nächtlichen Kunden gewahr wurde, der sich wohl schon wieder einen neuen Bettwärmer ausgesucht hatte. Der Zorn, der in ihr aufstieg, trieb sie dazu, an den Tisch der beiden zu treten und Valpo mit bösem Blick anzufunkeln. "So ist das also... keine Zeit!" blaffte sie ihn an und versetzte ihm zu Abschied eine schallende Ohrfeige, um sich dann ohne ein weiteres Wort abzuwenden und hinaus auf die Straße zu gehen.
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Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon Levthan » Di 20 Dez, 2011 09:11

Als der zweite Stuhl an ihrem Tisch zurückgezogen wurde, blickte Morgana auf und musterte den noch unerwartet jungen Mann, der sich zu ihr an den Tisch gesellte. Sie setzte gerade an, seine Begrüßung zu erwidern, bereits den einen oder anderen bissigen Kommentar bezüglich seiner Pünktlichkeit auf den Lippen, als plötzlich eine heruntergekommene Schönheit in schmudeliger Kleidung von ehemals hoher Qualität zornigen Schrittes hinzutrat und eine kurze Hasstirade auf den Neuankömmling herniederregnen ließ. Morgana ließ sich von der Überraschung das Wort abschneiden und ehe sie etwas zu der Lag sagen konnte, war die Dirne auch schon wieder auf dem Weg nach draußen. Als ihr nun rasch dämmerte, was hinter dem seltsamen Schauspiel steckte, das sich vor ihren Augen abgespielt hatte, waren Morganas erste Worte an den Piraten vor ihr: "So ist das also... Geschäfte!", wobei sie mit wesentlich ruhigerer Stimme, aber dennoch ausgenommen treffend die Stimmmelodie des leichten Mädchens imitierte, das soeben ihre kleine Gesellschaft wieder verlassen hatte. Mit einem versöhnlichen Lächeln griff sie nach dem dampfenden Grog, den Valpo ihr mitgebracht hatte und nahm einen großen Schluck. Obgleich sein Erscheinen hier nicht der geglückteste aller Auftritte gewesen war, hatte Morgana nun das Gefühl, gleich etwas besser einschätzen zu können, welche Art von Mensch sie vor sich hatte. Ob ihre Einschätzung sich als richtig erweisen würde oder Valpo noch die eine oder andere Überraschung für sie bereit hielt, mochten die weiteren Verhandlungen zeigen...
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Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon Sohtist » Mo 26 Dez, 2011 23:24

Spoiler:
Die Verhandlungen fanden im geheimen (PN) statt und ihr Verlauf soll hier im Augenblick noch nicht wiedergegeben werden. Nach und nach werden aber in Zukunft die Details offenbart werden. Also: dran bleiben und immer mal wieder rein schauen!


Zufrieden mit sich, seiner Gesprächspartnerin, dem Verlauf und den Ergebnissen der Verhandlungen erhob Valpo sich und verabschiedete sich von Morgana. Viel Zeit blieb nicht für all die Dinge, die nun zu tun waren. Die beiden hatten ambitionierte Pläne geschmiedet, die es nun umzusetzen galt.
Valpo musste so schnell wie möglich zurück zu seinem Schiff und seiner Mannschaft. Und dann hieß es auf zu fernen Horizonten, klar zum Entern und reiche Beute machen! Valpo begab sich zurück in seine Kammer.
'Doch zunächst,' so dachte er sich, 'gilt es einen klaren Kopf zu bekommen.' Mit diesem Gedanken im Hinterkopf fiel er auf seine Matratze und ratzte binnen Augenblicken weg, um seinen Rausch auszuschlafen. Der Rest konnte bis morgen warten...
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Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon Sohtist » So 08 Apr, 2012 20:57

Monate waren vergangen, doch viel hatte sich in dieser Zeit getan. Die Bruderschaft der freien Wogen war wieder erwacht. Mehr und mehr Verbünde schlossen sich ihr an. An verschiedenen Punkten wurden Befestigungen errichtet, schwer zugängliche Buchten wurden zu Häfen ausgebaut, Lagunen an strategische wichtigen Orten besetzt und Seehöhlen in uneinnehmbare Burgen verwandelt. Schlussendlich wurde auch in Goragossa ein prächtiges Anwesen errichtet und dort fand in einer Vollmondnacht die feierliche Wiedergeburt der Bruderschaft statt.
Ihre neue Königin sollte Morgana sein (welch eine Ironie, eine Königin an der Spitze einer Bruderschaft... aber so sind Piraten nun einmal. Die Bedeutung von Worten zählt bei ihnen wenig) und Valpo ihr Admiral. Die gelangweilte Gesellschaft in der Hauptstadt der Piratensee horchte auf, als der Name der Bruderschaft wieder in aller Munde war. Viele freiheitsliebende Männer und Frauen schlossen sich ihr an und schon bald darauf waren die Mannschaften der Schiffe voll besetzt und mit der Motivation gesegnet, die das Versprechen auf Gold und Kampf bei Piraten auslöst.
Man zerstreute sich wieder in alle Winde, ein jeder ging seinen "Geschäften" nach und einige Zeit verging. In dieser Zeit wurden Berichte von zunehmender Piratenaktivität in der Meerenge zwischen Antlantik und Thalassasee laut, sowie in der Sartogassosee und auch auf den Routen, die um Auretia herum führen. Vornehmlich waren Handelsschiffe des Nuovo Imperio Aurecciani davon betroffen, doch auch Händler anderer Reiche und Staaten blieben nicht verschont. Bald schon waren die Namen Morgana und Valpo bei den Fernhändlern dieser Welt in aller Munde und man betete vor Antritt einer Reise zu den Göttern, dass die Piraten nicht den Weg des eigenen Schiffes kreuzen würden. Selbst Konvois waren kaum vor ihnen sicher. Durch geschickte Taktik wurden einzelne Segelschiffe vom Rest der Konvois isoliert und angegriffen. Oftmals ein leichtes Spiel.

Während all diese Aktionen noch als vertretbare Verluste angesehen werden müssen, so bringt der neueste Coup der Bruderschaft Teile des Imperio doch tatsächlich in arge Bedrängnis. Auf den Inseln, die den Golf von Medinia umschließen, wurden weitere Stützpunkte errichtet und Dutzdende Piratenschiffe greifen jeden Segler an, der versucht, in den Golf einzulaufen oder diesen zu verlassen. Der Seehandel der Stadt ist mit dieser Seeblockade des Golfes von Medinia zum Erliegen gekommen.
Der Herzog schäumt vor Wut, doch viel kann er nicht gegen die Plage unternehmen, besitzt er doch keine eigene Kriegsflotte. Und so muss er sich wohl bei seinem alten Feind, dem Reichsmarschall und Herzog von Genovia, Feodore dell'Andante, anbiedern, dass dieser sich erbarme eine Flottille gen Medinia zu schicken, um der Piraten Herr zu werden.
Bis dahin allerdings genießen Valpo und seine Mannen die Freiheit und das Gefühl, das ein siegreicher Beutezug hervorruft. Nieder mit den Lakaien der Kaiserin! Nieder mit dem Imperio!

Was noch keiner weiß ist, dass hinter diesen Angriffen eine Person steckt, mit der noch niemand gerechnet hat. Doch selbst Valpo kennt den Drahtzieher nicht, lediglich seinen Vertreter, einen düsteren Schwerkämpfer vom Südkontinent, der seine beiden Krummsäbel mit der Präzision eines wahren Meisters führt.
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Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon powl » Sa 23 Jun, 2012 22:26

Die anfängliche Euphorie war verflogen. Nach Monaten auf See ohne nennenswerte Begegnungen, Tage erfüllt von dem gleichen Einerlei, Exerzieren, Deckschrubben, Wache, Freiwache, Schlafen, wieder aufstehen...
Es war nicht leicht, die Disziplin so lange Zeit aufrecht zu erhalten. Gar hatte die Katze Einzug an Bord gehalten und so es Andrea doch widerstrebte, kam er nicht umhin den ein oder anderen zu renitenten Seemann züchtigen zu lassen.

Andrea hing seinen Gedanken nach. Der Proviant neigte sich langsam dem Ende zu. Schon lag der Aufenthalt auf Belvedere Wochen zurück. Der Marquis nutzte den Besuch dort auf seine Weise, wohl auch um sich der Legitimität von Andreas' Ansprüchen zu überzeugen und das Banner des Imperios auf der Insel zu polieren. Was auch immer. Andreas' Sache war gerecht und er hatte keine Zweifel am Ausgang der Entscheidung. Sollte der Marquis immer noch Zweifel haben, so gelang es ihm jedenfalls glänzend, sie zu verbergen.

Lavasseur stand neben ihm auf dem Heckkastell. Hervorragender Mann, wie Andrea mehrfach feststellen konnte. Besonders während des Sturmes, den sie durchstanden hatten, zeigte er Mut und Besonnenheit. Der Sturm, der über drei Tage tobte und sie fast zu Aiagos geschickt hätte. Seit dem gab es keine Nachricht mehr vom Flagschiff. Größer und stabiler als das seine, sollten sie den Sturm wohl ebenso überstanden haben, doch war es nicht mehr gelungen Kontakt herzustellen. Also beschloß Andrea, nachdem er sich mit Lavasseur beraten hatte, auf eigene Faust weiterzusegeln. Die Balasttrossen hatten sie im Sturm ohnehin kappen lassen müssen und so waren sie wieder voll manövrierfähig und machten gute Fahrt. Und schlecht gerüstet waren sie auch nicht.

Eine Bö zwang Andrea, seinen Hut fester auf den Kopf zu pressen. Er schmunzelte, dann traf er eine Entscheidung: "Also gut, Signore Levasseur, lassen sie Kurs auf San Aurecciani setzen. Sehen wir zu, dass wir nach Hause kommen."
"Aye", bestätigte der erste Offizier des Schiffes knapp und leitete die nötigen Befehle weiter. Der Rudergänger wirbelte das Steuerrad herrum und knarrend drehte sich das Schiff mit dem Bugspriet nach Norden. Wenn der Wind so anhielt, dann würde es nur wenige Wochen dauern, bis sie wieder in Auretianien angekommen wären. Auch wenn sich Andrea einen erfolgreicheren Ausgang der Reise gewünscht hätte.

...

Weitere elend langweilige Tage verstrichen. Andrea nahm gerade mit Levasseur das Frühstück in der Kapitänskajüte ein, als ein Ruf vom Ausguck zu ihnen herunterschallte: "Segel vorraus!" Wie ein Mann sprangen die Offiziere auf und eilten an Deck. Der Ausguck bemerkte die Offiziere an Deck und wies ihnen die Richtung: "Querab an Steuerbord." Sogleich zogen sie ihre Fernrohre aus und blickten in die gewiesene Richtung. Tatsächlich zeigten sich 2 Masten von denen einer einen blutroten Wimpel zu tragen schien. "Hmm... roter Wimpel... könnte sein. Zwar ein bisschen nahe an Endrouelles Küsten, aber könnte sein. Liegt ziemlich tief, will mir scheinen - Kurs Südost, so wie's aussieht. Was denkt ihr Levasseur?"
"Aye, scheint mir auch so. Vielleicht ein Händler, aber vielleicht..."
"Vielleicht auch ein ungebetener Besucher, den Laderaum voll mit Beute auf Heimatkurs?", unterbrach ihn Andrea, "sollten wir uns anschauen, denkt Ihr nicht?"
"Unbedingt, Capitan", stimmt der Offizier zu. Dann bellt er die Befehle über Deck: "Ruder hart Steuerbord, Kurs Ost-Süd-Ost. Alle Mann an Deck und Schiff klarmachen zum Gefecht. Alle Segel setzen. Prüfend hielt der erste Offizier die Nase in den Wind: "Wenn der Wind nicht dreht, dann holen wir ihn bald ein und haben ihn leeseits."
Andrea nickt: "Aye, mit Aiagos Segen und ein wenig Glück, kommen wir wenigstens nicht ganz mit leeren Händen nach Hause, si? Ich denke, eine Prise würde die Männer auch für einiges Entschädigen. Doch beenden wir zunächst unser Frühstück. Der Tag verspricht lang zu werden und wir benötigen unsere Kräfte sicher noch."
Andrea schob sein Fernrohr wieder zusammen und ging voran zum Niedergang, der zur Kajüte hinunter führte.
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Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon Ascanio » So 24 Jun, 2012 06:47

Der Wind stand gut, in nur wenigen Tagen würde man das Außenlager erreichen. Dort, so lautete der Auftrag, war die Ladung zu löschen und Proviant und Bewaffnung aufzunehmen, um die Kameraden im Golf von Medinia mit Nachschub zu versorgen. Von den Kaiserlichen war bisher keine Spur zu sehen gewesen. Wenn es stimmte, was man so in den Hafenkneipen hörte, dann würde sich daran auch so bald nichts ändern, denn die Zicke auf dem Thron in der Ewigen Stadt nutzte die Gunst der Stunde, um ihrem Köter, dem Herzog von Medinia, aufzuzeigen, wo die Grenzen für dessen Spielchen waren. Nun, je zerstrittener die Herrschenden dieses Reiches untereinander waren, desto mehr freie Männer und Frauen schlossen sich der Bruderschaft an und desto mächtiger wurde die Flotte, die bald schon zu groß für die kaiserliche Marine sein würde. Alles verlief so, wie man ihnen versprochen hatte - alles, bis zu jenem Moment, als am südlichen Horizont jene Segel auftauchten, die unter dem kaiserlichen Wimpel übers Meer flogen.
Die zuvor herrschende Ruhe und Gelassenheit an Deck der zweimastigen Karacke wandelte sich blitzschnell in eilige Geschäftigkeit. Der Kapitän des Schiffes, ein einäugiger Hüne, der seinen riesenhaften Körper in eine Marineuniform zwängte, die er vor einigen Jahren einem Flottillenadmiral abgenommen hatte, behielt jedoch die Nerven und bellte einige scharfe Befehle übers Deck. Sollten sie nur kommen, er war gut vorbereitet und das Schiff bis oben hin bemannt. Seine Männer waren hungrig auf den Kampf, denn er versprach mehr Ruhm als jedes andere Gefecht gegen wehrlose Händler, das sie bisher geführt hatten. Der Kapitän war voller Ehrgeiz, eine kaiserliche Karavelle hatte nicht jeder auf seiner Liste. Wenn es ihm gelang, diese aufzubringen und sich den Kopf und den Hut ihres Kapitäns zu sichern, dann würde ihn diese Tat mit Sicherheit ganz weit nach oben hieven im Ansehen innerhalb der Bruderschaft - was nicht zuletzt mehr Beuteanteile und ein größeres Stimmgewicht bedeutete.
Mit prüfendem Blick verfolgte der Kapitän den Kurswechsel des feindlichen Schiffes. "Soso, sie versuchen uns also vom Wind abzuschneiden. Sind ja nicht ganz unerfahren, die Burschen! Aber sie haben die Rechnung ohne mich gemacht," sinnierte er vor sich hin. Sollten sie nur versuchen, ihm den Weg abzuschneiden. Er hatte eine bessere Idee...
"Der Wind kommt aus Süd - holt die Segel dicht! Backbord und hart an ihn heran, ihr Landratten! Wir fallen ihnen in den Rücken!"
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Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon powl » So 24 Jun, 2012 11:03

Ein junger Tenente unterbrach das Frühstück der beiden Offiziere, mit der Meldung, dass das andere Schiff den Kurs gewechselt hätte. Andrea kippt den Rest seines Kaffees hinunter und beeilt sich, zusammen mit Levasseur auf das Achterdeck zu gelangen. Dort angekommen begutachten sie die neue Situation.
"Nun ja", begann Andrea seine Einschätzung, "er sucht das Gefecht, will mir scheinen. Oder sollte ich mich da täuschen?"
"Sicher nicht", erwidert der erste Offizier, "offensichtlich hat er erkannt, dass wir ihm Luv ablaufen wollen und hält nun auf uns zu."
Andrea nickt und denkt einen Moment nach. Dann schiebt er das Fernrohr zusammen. Zwei Dinge lassen ihn zuversichtlich in die Zukunft schauen. Der Vorteil der besseren Manövrierbarkeit lag eindeutig bei ihnen. Nahezu ohne Ladung waren sie schneller und würden auch bei jeder Halse die Nase vorn haben. Zudem war der Umstand, dass ihr Proviant nahezu aufgebraucht war, nicht allein den Ratten, sondern vor allem den Seesoldaten geschuldet, deren Müßiggang durch geschäftige Betriebsamkeit abgelöst worden war. Ihre wahre Stärke zu verbergen war vermutlich nicht mehr nötig. Der Pirat - das es sich um einen solchen handelte, war nun erwiesen - hatte sich für den Kampf entschieden.
Und davonsegeln würde er nicht mehr können, es sei denn er würde seinen Ballast rechtzeitig los, was aber ein übermenschliches Unterfangen darstellte.

"Nun da er auf uns zuhält sollten wir ihn lassen. Wenn er nahe genug ist, drehen wir dicht vor ihm hart Steuerbord in den Wind. Dabei jagen wir ihm unsere Backbordbreitseite längs über das Deck. So tief er im Wasser liegt, wird er dem kaum ausweichen können. Während wir weiter halsen, wird er uns passieren und auf unsere Steuerbordseite gelangen. Dann tauschen wir die Breitseite mit ihm aus. Wenn wir vorher gut gezielt haben, werden sie schon ordentlich bluten und wir werden mindestens zwei zu eins tauschen. Vielleicht gar drei zu eins. Was meint ihr, Levasseur?"
"Aye, das sollte klappen."
"Mit dem Segen der Götter. Lasst die Backbordgeschütze mit Hagel laden, wir wollen doch gründlich ausfegen. Die Armbruster der Soldaten sollen diese Breitseite unterstützen. Laden der Steuerbordgeschütze mit Kettenkugeln. Doppelte Rumration und 10 Gulden für den, der ihnen damit einen Mast knickt."
"Aye Capitan", nickt Levasseur und gibt die nötigen Befehle weiter.

Unter ihren Füßen auf dem Geschützdeck lassen diese Befehle die Mannschaften schwitzen. Die Rotzen und Serpente werden gespannt, geladen und ausgerichtet. In Mitten des angestrengten Gewewirrs steht ein älterer Geschützmaat und kaut auf dem Mundstück seiner kalten Pfeife herum. Rodrigues Hernandez achtet sehr genau auf jede Kleinigkeit des Ladens und tritt einem der jungen Ladehelfer in den Hintern, der im Übereifer Kettenkugeln auf eine Backbordrotze laden wollte.
"Jämmerliche Landratte", schnauzt er den Jungen an und holt mit seiner rechten Hand zu einer Ohrfeige aus, "da wo's bei Dir gleich schön rot glüht, da ist Backbord!" Hier geht's um Rum und Gulden, also versau mir das nicht!
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Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon Ascanio » Mo 25 Jun, 2012 06:57

Er wusste, worauf er sich einließ. Er kannte ihre Taktiken und ihm war bewusst, dass dieser Segler der kaiserlichen Marine - ganz im Gegenteil zu seinem eigenen Schiff - bis oben hin bestückt sein musste mit Rotzen und Aalen und all den anderen Geschützen.
"Wir werden ihnen nicht einen Fuß unserer Breitseite offenbaren, haltet direkt auf sie zu und wenn wir ihnen unseren Bug gegen die Flanke setzen müssen!"
Dann fasste er einen noch tollkühneren Plan. Während er seiner Mannschaft laute Befehle zurief arretierte er das Steuerrad seiner Karacke. Der Wind kam stabil aus dem Süden und nichts deutete darauf hin, dass dieses Unterfangen durch einen plötzlichen Richtungswechsel gefährdet werden konnte. Aiagos musste ihnen gnädig sein und wenn nicht... verflucht noch eins, ein wenn nicht gab es nicht!
Während sich die beiden Schiffe immer näher aufeinander zubewegten kehrte an Deck des Piratenseglers Ruhe ein, als ob das ganze Schiff sich auf den bevorstehenden Kampf vorbereiten würde. Doch auf der kaiserlichen Karavelle machte sich unter den Matrosen eine gewisse Unruhe breit, als die Karacke voll auf sie zu hielt. "Capitano, diese Verrückten wollen uns rammen!" rief einer hinauf zur Brücke.
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Re: Zwei Schiffe bereit zur Jagd

Beitragvon powl » Mo 25 Jun, 2012 19:14

Das Manöver des Piratenschiffes bleibt auf dem Achterdeck der auretianischen Karavelle nicht unkommentiert, wenngleich die Worte eines Matrosen unerwidert mit dem Wind davongetragen wurden. Die Offiziere auf dem Achterdeck strahlen Ruhe und Besonnenheit aus, die sich auch auf ihre Untergebenen überträgt.
"Hält direkt auf uns zu, Levasseur."
"Aye Capitan. Vermutlich will er ein Atelleriegefecht meiden und so schnell wie möglich entern."
"Vermutlich. Wie sagt man in Westendar so treffend: El hombre tiene cojones." Er atmet noch einmal tief durch, dann brüllt Andrea die Befehle: "Beidrehen, Ruder hart Steuerbord, klar bei Backbordgeschützen. Armbruster Sprung auf!"

Als wäre der Blitz unter den Männer gefahren, kommt Bewegung in die Besatzung. Der Rudergänger lässt das Steuerrad eilig drehen und die Winden ziehen das schwere Ruder herum. Erst scheint es, als wäre es dem Schiff gleichgültig, doch dann gehorcht es willig und dreht bei. Vielleicht 100 Schritt vor dem Bug des Gegners läuft das Schiff in den Wind und bietet den Piraten die Breitseite.
Auf diesen Moment hatte Rodrigues Hernandez nur gewartet. Mit der Geschwindigkeit der Halse geht er vom Bug in Richtung Heck über das Geschützdeck und gibt bei jeder Mannschaft den Befehl: "Los!"
Geschütz um Geschütz speit seine Ladung Richtung Feind. Feingewebte Leinensäcke, gefüllt mit Eisenkugeln, gross wie Wachteleier. Durch die Gewalt des Abschusses würden sie bersten und ihren Inhalt weit streuen lassen. Eine wahrlich totbringende Schrotladung.
Zur gleichen Zeit sprangen die Armbruster hinter der Reeling, hinter der sich kauernd gewartet hatten auf und schossen ihre Bolzen auf den Feind. Das surren der Geschosse erfüllte die Luft, als hätte jemand ein Hornissennest vom Baum geschlagen.

Das Schiff drehte weiter, fast dass es dem Feind das Heck zuwand. Die Segel schlugen im Gegenwind, der die Fahrt aus dem Schiff nahm. Wenn sie nun schnell genug herum kämen, würden die Piraten wohl wie erhofft an der Steuerbordseite passieren und eine Prise von der Medizin verabreicht bekommen, die der Geschützmaat dort für sie vorbereitet hatte.
Auf jedem Geschütz zwei grosse Stahlkugeln, mit starken Ketten aneinander geschmiedet, bereit um Wanten, Spieren und Masten abzurasieren.
Oder die Unglückseeligen, die sich in ihrem Weg befanden.
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