Am Kaiserlichen Hof zu San Aurecciani...

Intrigen und Bündnisse im Hochreich Nuovo Imperio und dem teilanhängigen Westendar

Am Kaiserlichen Hof zu San Aurecciani...

Beitragvon Ascanio » Sa 24 Nov, 2012 09:05

Allernorts geschäftiges Treiben. Als Ascanio zur Mittagsstunde das kaiserliche Offizio mit einem Packen Dokumente, deren Inhalt er soeben mit Ihrer Kaiserlichen Majestät erörtert hatte, verließ, fand er sich in der überaus belebten Vorhalle des Thronsaales wieder, von der auch das Portal zum großen Ratssaal abging. In kleinen Grüppchen standen die Höflinge und Hofdamen beieinander, parlierend, konspirierend und sich über den neuesten Hoftratsch austauschend. Ihm fielen viele Blicke zu, Rangniedere bedachten ihn mit einem höflichen Gruß. den er freundlich erwiderte, hie und da mit dem einen oder anderen Bekannten ein paar Worte wechselnd, während er sich auf den Weg zu seiner ihm durch sein Amt eigenen Schreibstube machte.

Für diesen Tag hatte Ascanio eine in schlichtem schwarz gehaltene Garderobe gewählt. Der Samtstoff schillerte leicht in seinen Bewegungen, die aufgenähten Spitzen waren aus ebenso schwarz gefärbtem Stoff und fielen dadurch kaum auf. Einzig die silbern glänzenden Knöpfe am Wams bildeten einen starken Kontrast zum restlichen Material.

Der Herbst hatte Einzug ins Land gehalten. Die Tage waren kürzer und die Nächte kühler geworden. Zuletzt hatte es häufig geregnet hier an der Küste. Nichtsdestotrotz fiel am heutigen Tage strahlender Sonnenschein durch die hohen Fenster, in denen kunstvolle Glasmalereien bunte Motive aus der Geschichte des Imperios zeigten, in die Halle und tauchten diese in ein in tausend Farben schimmerndes Licht. Ascanio blieb einen Augenblick stehen um die Szene, die in einem der Fenster abgebildet war, zu betrachten. Ein Reiter in golden schimmernder Rüstung erlegte darin einen Drachen in einem tiefgrünen Wald. Auf einem Hügel inmitten der Bäume stand ein weißer Hirsch, der eine goldene Krone trug. Der Ritter war der spätere Kaiser Gavanius, dem sich bei dieser Heldentat der Gott Athos Invictus in der Gestalt des Hirschen offenbarte und ihm eine lange und gedeihliche Regentschaft versprach, wenn er nur stets die Götter in höchsten Ehren hielte. Die Jahre der Herrschaft Gavanius des Frommen sollten tatsächlich on Frieden und Wohlstand gekennzeichnet sein. All dies spiegelte sich in den klaren Farben des Bildes wider und Ascanio bewunderte die filigranen Details dieses Meisterwerkes.

So stand er da, der Principe del Consiglio und frischvermählte Marchese d'Emeralde, gedankenverloren für einen Moment und bekam nicht mit wie...
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Re: Am Kaiserlichen Hof zu San Aurecciani...

Beitragvon Hummel » Sa 24 Nov, 2012 13:53

...der Conte dí Arbalestum von der Seite her an ihn herantrat. Wie üblich hat Arturo auch an diesem Tag eine geschäftige Zeit und einige enorme Fußmärsche durch den gigantischen Gebäudekomplex - das Herz und die Seele des auretianischen Reiches - hinter sich. Mehr zufällig wurde er Ascanios gewahr und während er sich neben ihm positioniert, folgt er seinem Blick zur Wand. Die Geschichte oder aber die Legende des fünften Kaisers - das ließ sich unmöglich bestimmen - schienen den Marchese für diesen Moment zu beschäftigen.

"Ah, Gavanius.", spricht der Segretario Imperiale della Zecca seinen Kollegen an. "Welch illüstres Bildnis und dennoch trieben den Künstler mehr Hintergedanken, als zuerst offensichtlich wird, scheint mir. Die Bedeutung des Hirsches ist unumstößlich, man hat sogar seine Krone hervorgehoben, damit auch dem letzten Bauern die Bedeutung der Königswürde offenbar wird. Nicht sehr subtil, aber wirkungsvoll. Der Drache hingegen ist ein ebenso archaisches, wie mehrdeutiges Bildnis. Vielleicht dient er hier als Ausdruck unserer existenziellen Ängste, die Gavanius niederringt. Soweit ich weiß, sehen die Alchemisten im Drachen das Chaos, das jeder Ordnung vorangeht. Diese Vorstellung vermag es, mir zu gefallen. Sie ergibt eine schöne Lehre für unser Tun, denn die Ordnung des Imperio überspannte die gesamte Welt, ehe sie erneut im Chaos versank im Jahr der großen Katastrophe. Demnach stellt sich mir die Frage, ob wir unseren Drachen bereits besiegt haben oder ob diese Aufgabe noch auf uns wartet. Was denkt Ihr, werter della Viscani?"
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Re: Am Kaiserlichen Hof zu San Aurecciani...

Beitragvon Ascanio » Sa 24 Nov, 2012 21:02

gavanius-toetet-den-drachen_klein.png

Die Worte Arturos rissen Ascanio zurück in die Wirklichkeit. Als er sah, wer auf einmal neben ihm stand, musste er sich nur einen winzigen Augenblick besinnen ehe er antwortete. "Euer Excellenz, bitte verzeiht. Ich war einen Moment lang abgelenkt durch dieses meisterliche Bildnis. Kein Gemälde auf Leinwand, Holz oder Stein vermag es so leuchtend seine Botschaft zum Ausdruck zu bringen wie ein Fensterbildnis, denkt Ihr nicht auch?"

Arturos Bildanalyse kommentiert Ascanio nachdem er seinen Ratskollegen mit einer leichten Verbeugung gewürdigt hat. "Ob der Meister dieses Werkes irgendwelche Hintergedanken hatte, als er das Bild anfertigte, vermag ich nicht zu sagen. Es stellt dar, was uns in den Chroniken unseres Reiches übermittelt wurde. Gavanius zog aus, um den Drachen von Petrone zu erlegen. Aus den Schuppen des Untiers ließ er eine Rüstung anfertigen, den Schädelknochen behielt er als Trophäe und sie hing in seinem Thronsaal, so heißt es. Nun, beide Gegenstände sind in den Wirren der Jahrhunderte verloren gegangen und ja, wenn Ihr also nun darauf pochen wollt, dass sie der einzige Beweis für die Richtigkeit der Erzählung seien, und dass mit ihrem Verlust eine Überprüfung der Richtigkeit unmöglich geworden ist, dann muss ich Euch Recht geben. Doch manchmal, so will ich behaupten, sollte man Geschichten einfach so hin nehmen, wie sie sind. Gerade wenn sie uns doch ein leuchtendes Beispiel für Edelmut und Ehrenhaftigkeit geben. Denn der Drache ist in Wahrheit unbesiegbar. Selbst wenn man ihn tötet wird er sich nach einer Weile wieder erheben. Ein jeder von uns muss seinen eigenen Drachen besiegen und Gavianus soll uns daran erinnern und uns in unserem Tun ermutigen.

Nun gut, wie dem auch sei. Wie laufen die Geschäfte, werte Excellenz? Sind die Truhen der Schatzkammer wohl gefüllt mit dem Erntezehnt? Ach, meinen Glückwunsch, ich hätte es fast vergessen. Ihre Kaiserliche Majestät war ja sichtlich angetan von der Prägung des Gedenkguldens zum einhundertjährigen Bestehen unseres geliebten Imperios."
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Re: Am Kaiserlichen Hof zu San Aurecciani...

Beitragvon Hummel » Sa 24 Nov, 2012 22:02

Arturo winkt rasch ab und erwiedert dann die Verbeugung mit milden Lächeln.

"Ach, jede Kunst hat ihren Platz, nicht von jeder verstehe ich jedoch etwas. Aber Künstler sind eitel und klug, mag ich berichten. Ein jeder hinterlässt seine eigene Botschaft, aber selten sind sie für andere noch verständlich oder gar offensichtlich. In dieser Hinsicht sind sie den Kaisern wohl gleich, auch ihr Vermächtnis kann interpretiert werden, aber wirklich verstanden wohl nur von ihnen selbst und natürlich den Allweisen Göttern. Und doch irrt Ihr, teurer Freund, wenn Ihr behauptet, man solle sie hinnehmen wie sie sind, denn das ist schlichtweg unmöglich. Was immer der Mensch schafft, kann sovieles sein und soviele Bedeutungen haben, doch niemals ist eine Sache nur, immer inspiriert sie. Ihr selbst beweist es, denn sofort liefert ihr Eure Interpretation der Geschichte und nehmt heraus, was Euch berührt. Und das ist das wirkliche Wunder der Kunst."

Lächelnd macht er etwas Platz und wendet sich von der Darstellung ab, um seinen Gehrock zurechtzurücken und auf Ascanios Nachfrage einzugehen:

"Die Münzmeister haben recht gute Arbeit geleistet, mittlerweile sind sie wohl aber der Ansicht, dass sie mit solchen Sonderprägungen einen hohen Schlagsatz machen müssen und das mag bei umlaufenden Münzen angemessen sein, aber ich habe dennoch eine Rüge ausgesprochen, denn gerade die geringeren Kaufmänner werden dank diesem Umstand wohl vorerst keine großen Sätze aus dem Münzregal entnehmen, solange es sich vermeiden lässt.
Abseits davon ist die Kämmerin der Ansicht, dass die aktuell schwierige Lage auf den Seehandelsrouten auch die Abgaben der Bauern beeinflusst. Ich denke eher, dass immer mehr einfaches Volk in den Manufrakturen arbeitet und die Abgaben dementsprechend angepasst werden müssen, aber da sind wir nachwievor uneins. Nehmt eine einfache Handelsware wie Tücher, beispielsweise. Die Stadtbevölkerung wird ständig wohlhabender und die Nachfrage nach Tüchern besserer Qualität größer. Den Endrouellaner ist zu danken, dass die Mode ständig wechselt und immer neue Farben und Muster verlangt werden. Wo vorher mit Wolle gearbeitet wurde, sind nun Seide, Samt oder Brokat gefragt und das verteuert den gesamten Prozess.
Der hohe Kapitaleinsatz für die Tuchherstellung, der durch die ebenfalls hohe Nachfrage und die entstehende Massenproduktion von Tuchen noch gesteigert wird aber, bedroht die Handwerker in ihrer Selbständigkeit und auf einmal werden aus Kaufleuten Tuchproduzenten, die den Handwerkern das Material und das Geld vorlegen, was diese widerum in eine Abhängigkeit treibt. Und dann erst die Monopolisierung...ach, ich rede zuviel. Aber ihr seht, es ist ein verzwicktes System, das sich ständig selbst verändert und ganz neue Probleme mit sich bringt. Das veraltete Abgabensystem jedenfalls wird dem einfach nicht mehr gerecht. So werden aktuell die Handwerker und Arbeiter in den Manufrakturen zu stark besteuert und diese verschulden sich noch zusätzlich bei den Fernhandelskaufleuten oder Tuchproduzenten, die deutlich zu geringe Steuerlast tragen. Oh, mein werter Marchese, ich sehe eine Zeit voraus, da unsere Bauern nur noch einen geringen Anteil an der Staatskasse ausmachen und die Entwicklung schreitet beständig voran. Vom Bankwesen will ich garnicht erst anfangen. Zu beneiden sind meine Vorgänger, die sich lediglich mit der Frage beschäftigen mussten, wieviel wieviele Bauern auf welcher Fläche anbauen und erwirtschaften können. Sowas lernt heute ein Studioso in seinem ersten Jahr!"
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Re: Am Kaiserlichen Hof zu San Aurecciani...

Beitragvon Ascanio » So 25 Nov, 2012 09:16

Ascanio ließ die Litanei des Segretario Imperiale della Zecca über sich ergehen. Er kannte die Ansichten Arturos ja aus den Ratssitzungen von daher war für ihn nichts wirklich Überraschendes an dessen Rede zu finden. Bisweilen haftete sein Blick dabei kurzzeitig an den Lippen seines Gegenübers, um sogleich wieder über die Halle zu schweifen, insgeheim hoffend irgend etwas oder jemanden Bedeutsames zu entdecken, das, der oder die seiner Aufmerksamkeit bedurfte. Doch diese Hoffnung zerschlug sich schnell.

Nachdem Arturo seine Rede beendet hatte trat kurzzeitig ein betretenes Schweigen ein, das Ascanio schließlich brach. "Ja, nunja, so ist das wohl. Die Zeiten ändern sich, mein lieber Conte, und wir mit ihnen. Wer heutzutage nicht flexibel ist, der bricht sich leicht das Rückgrat. Aber wem sage ich das, nicht wahr? Nun denn, ich will Euch auch gar nicht länger von Euren gewichtigen Aufgaben abhalten. Ich selbst habe auch noch diesen Stapel Dokumente zu siegeln und weiterzuleiten. Anschließend wird meine Wenigkeit noch in der Staatsprokuratur benötigt und zur Quarta doziere ich für die Baccalaureaten an der Università. Ämter und Versammlungen des Reiches und ihre speziellen Aufgaben. Ihr seht, wir alle haben unsere Bürden zu tragen."
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Re: Am Kaiserlichen Hof zu San Aurecciani...

Beitragvon Hummel » So 25 Nov, 2012 13:42

Arturo schmunzelt amüsiert und tritt ein wenig zur Seite, als wolle er Platz machen.

"Dass ihr euch soetwas antut. Junge Leute unterrichten, eine gewichtige Aufgabe. Aber wenn es Euch so eilt, liegt es mir natürlich fern, Euch weiter mit meinem Anliegen zu behelligen. Gutes Gelingen!"
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Re: Am Kaiserlichen Hof zu San Aurecciani...

Beitragvon Ascanio » Mo 26 Nov, 2012 02:40

Ascanio schenkte Arturo ein kurzes Lächeln. "Wenn wir unser Wissen nicht mit den Jüngeren teilen, wer soll uns dann einmal nachfolgen, wenn wir nicht mehr sind? Unsere Aufgabe ist es das Imperio nicht nur im Hier und Jetzt zur Blüte zu führen, sondern auch dafür Sorge zu tragen, dass dieser Zustand über die nach uns folgende und die darauf folgenden Generationen anhält. Einen guten Tag wünsche ich."

Er verbeugte sich kurz und ging ein paar Schritte. Dann wandte er sich plötzlich noch einmal um und rief Arturo noch hinterher: "Ach, verehrter Conte, ehe ich es vergesse: Beizeiten müsst Ihr mir einmal berichten, was Ihr über das 'Adlerblatt' wisst."
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