Hände Saerons

Alpha 2 und 3 [01.04.2007 bis 2009]

Hände Saerons

Beitragvon Guur » So 19 Okt, 2008 18:45

Dunkel war die Nacht, aber nicht reglos. Ob im Schein des südlichen, oder des nördlichen Strenenhimmels, ob bei Nebel, oder einem von Wolken verhangenen Frimament, überall huschten Gestalten durch die Orte und Städte. In Gassen und auf Marktplätzen, in Gasthäusern und Tavernen, ja sogar auf den Stufen der Tempel, dort, wo tagsüber die Bettler sitzen, waren am nächsten Morgen Flugblätter zu finden. Und wenn jemand des Lesens nicht mächtig war, so gab es immer eine hilfreiche Hand, welche sich erbot, es vorzulesen, weil auch sie neugierig sei, zu erfahren, was wohl auf solch einem Zettel zu stehen vermag. So dauerte es nicht lang und es erklangen Stimmen, welche die eingängigen Worte vor sich hin sprachen:

"Wenn List und Trug - ein Schattenbild -
dich in dunkle Nebel hüllt,
dann ist, Dieb, dein Moment gekommen,
zu nehmen, was Armen weg genommen
vom reichen Adel, der erzählt,
ihm gehöre die ganze Welt.

Wenn helle Stimmen fröhlich lachen,
wenn mit Humor sie Witze machen,
dann bist du, Gaukler, hier am Werk,
spielst mal den Riesen, mal den Zwerg,
hoch oben auf dem Seil du tanzt
und zeigst uns, was du sonst noch kannst.

Wenn Not und Armut klagt und weint,
wenn Unrecht sich mit Macht vereint,
dann ist die Stunde des Schwertes gekommen,
das du, Krieger, schon zur Hand genommen.
Lass Mondlicht sich im Blute brechen
und sich so für das Unrecht rächen.

Wenn die Karten sind verteilt,
der Würfel übers Spielbrett eilt,
wenn Heimliches ganz offen wird
und Intrige Ruhm gebiert,
wenn Betörung trifft durch Worte,
dann warst du, Spion, am Orte.

Gaukler, Diebe, Krieger, Meuchler,
Bettler, Händler, oder Heuchler,
Spione, Söldner, Spieler, Stehler,
Gauner, Arme, oder Hehler,
alle, die nicht stehen still,
wisst, dass "Saerons Hand" Euch will."
Kanzler für die freien Flusstäler und Herzstein.
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Re: Hände Saerons

Beitragvon Element » Di 28 Okt, 2008 22:38

Schönes Gedicht!
Gruss
Samtpfote
Spoiler:
Wer heute den Kopf in den Sand steckt, knirscht morgen mit den Zähnen!
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Re: Hände Saerons

Beitragvon Aigolf » Sa 01 Nov, 2008 16:10

Überall in Berenhavn schwirrten Kinder mit Zetteln in den Händen und befestigten fast an jedem Baum diese Zettel,Wenn man fragte wer ihnen das gegeben hat sagten sie alle "Der freundliche Kapuzenmann".
Jeder der des lesens Mächitg war lass diese Verse und die jenigen die es nicht lesen konnten ließen die lesen ,die es konnten.

Achte auf deine Gefühle, denn sie werden zu Gedanken.
Achte auf deine Gedanken, denn sie werden zu Worten.
Achte auf deine Worte, denn sie werden zu Taten.
Achte auf deine Taten, denn sie werden zu Gewohnheiten.
Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie bilden deinen Charakter.
Achte auf deinen Charakter, denn er bestimmt dein Leben...
..... so komme zu den Händen Saerons um dich selbst zu bestimmen.
Der Zug des Herzens ist des Schicksals Stimme.
Du bist deine eigene Grenze, erhebe dich darüber.
Flüchtig wie Träume und Schatten,unberechenbar wie der Tau und der Blitz,so ist das Leben
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Re: Hände Saerons

Beitragvon Guur » Do 11 Jun, 2009 09:46

Spuren, verloren im Schnee

- Zum Gedenken an unseren Freund und Ordensbruder Luke de Allersheim -

Der erste Brief
Guur Grogarogh, berufen zum Diener Saerons durch Seinen Willen und durch Bruder Gorian von Norbrak an seine Schwestern und Brüder in den Schattenhallen zu Eisentrutz!
Der Segen des höchsten Gottes, welchen wir aus Dankbarkeit seiner Güte uns gegenüber verehren, möge Euch Frieden bringen und Euch vor den unverhältnismäßigen Verfolgungen der Stadtwachen, der ungerechten Urteile harter Richter und dem habgierigen Geiz der Adeligen schützen!

Die Reise nach Eiswind, welche Bruder Gorian und ich angetreten haben, um unseren Freund und Ordensbruder Luke de Allersheim zu finden, verlief bisher ohne große Schwierigkeiten. Bei gutem Wetter zogen wir durch das östliche Stadttor und machten uns auf den Weg zu unseren Brüdern und Schwestern in Berenhavn. Ein Keim der Hoffnung flammte in unseren Herzen und spornte unsere Schritte an, so dass wir kaum vier Tage brauchten, um dort anzukommen und in unserem Ordenshaus die Nacht verbringen zu können.

Frisch gestärkt durch gutes Essen und erholsamen Schlaf machten wir uns auf den weiteren Weg nach Isenburg. Auch hier gab es auf dem Weg keine besonderen Ereignisse. Wir wanderten durch Felder, welche voll von blühenden Blumen waren, und es schien uns, als ob diese uns sagen wollten: "Seht, wie gut wir leben, warum sollte es eurem Freund anders ergehen." Die Wälder, welche wir durchquerten, waren hell und ließen das Licht der Sonne durch ihr Blätterdach auf uns nieder scheinen. Und nachts ließ Saeron seinen Mond über uns erstrahlen, so dass wir den Weg auch im Dunkeln fanden und manche Strecke unter seinen nächtlichen Fittichen zurück legen konnten. Nach acht Tagen erreichten wir so die Stadt und kehrten ins Gasthaus von Isenburg ein, wo man uns reichlich bewirtete und uns die besten Zimmer gab.

Dann jedoch, am dreizehnten Tag, wendete sich das Schicksal. Zuerst ganz leicht, wie ein Windhauch einen Sturm ankündigt, den man nicht ahnt; wie das erste fallende Blatt am Ende des Sommers den Herbst ankündigt. Der Weg wurde einsam. Immer weniger Reisende begegneten uns. Wildnis umgab uns und manchmal mussten wir anhalten, um den Weg zu suchen, der uns nach Char Bagas bringen sollte. Wölfe und einzelne Goblins kreuzten unseren Weg, doch beides ist uns schon lange vertraut. Dass sie Vorboten dessen waren, was später kommen sollte, wollten wir nicht wahrhaben. Unsere Erfahrung mit der Natur wiegte uns in eine trügerische Sicherheit. Keiner von uns achtete auf jenes flaue Gefühl im Bauch, das sich einstellt, wenn irgendetwas nicht so ist, wie es sein soll. Mit Scherzen, die einen fahlen Geschmack auf der Zunge hinterlassen, kamen wir am dreiunddreißigsten Tag in Char Bagas an.

Die Weiterreise nach Maharan hätte unsere Vorahnung bestärken können, doch achteten wir nicht darauf. Immer tiefer drangen wir in die Wildnis vor. Zu den Wölfen gesellten sich Bären, neben den Bären trafen wir auf brünstige Elche. Und die Goblins kamen nun in Scharen. Wie Heuschrecken vielen marodierende Banden über uns her und suchten uns den Garaus zu machen. Nun waren es nicht einmal fahle Scherze, die uns die Zeit der Reise verkürzten. Schweigen gesellte sich zu unseren Schritten und unsere Sinne richteten sich auf die Geräusche im Unterholz sowie auf die verräterischen Spuren der im Hinterhalt lauernden Goblins. Die Nacht verbrachten wir in Senken, machten nur kleine Feuer und hielten abwechselnd Wache. Kraar, mein Rabe, der Euch diese Nachricht überbringt, war uns dabei eine große Hilfe. Oft nahm er die Gefahr schon war, bevor wir sie kommen sahen. Unvorbereitet waren wir daher nie und unsere Klingen schmeckten das Blut vieler Feinde.

Saeron mag daher mit uns gewesen sein, als wir am vierundfünfzigsten Tag in Maharan ankamen und uns einer Gruppe von ausgestoßenen Eiselfen gegenüber sahen, welch uns - nach anfänglicher Skepsis - freundlich aufnahmen und uns bei sich übernachten ließen. War es die Wärme ihrer Herzen, oder ihr Schicksal als Ausgestoßene, welches mich an mein eigenes erinnerte und uns so dazu führte, schnell das Band der Freundschaft zu weben? Was es auch war, es ließ uns die trübe Zeit in der Wildnis vergessen und neuen Mut für den vor uns liegenden Weg schöpfen. Erholt machten wir uns am nächsten Tag auf nach Ula Stai an den Rand der Eiswüste.

Die endlose Weite eines baumlosen Landes erstreckte sich vor uns. Morgens knirschten unsere Stiefel über die verharschten Gräser und Kräuter, welche dort den Boden bedecken, wo nicht der Fels zutage tritt. Mittags heizte die Sonne uns ein, so dass wir froh waren, etwas Wasser in unseren Feldflaschen zu haben, oder einen kleinen Bach zu finden, an dem wir unseren Vorrat wieder auffüllen konnten. Doch mit jedem Tag, an dem wir unserem Ziel näher kamen, wurde es kälter und eisiger. Klamme Luft kroch nachts unter unsere Decken und durchdrang Kleidung, Fell und Haut. Wie ein gichtbringender Griff umklammerte sie unsere Knochen und ließ uns des Morgens mit steif gewordenen Gliedern von unserem Lager aufstehen. In unseren Gesprächen tauschten wir die Erinnerung an warme Tage aus. Oft hörten wir das Lachen von Luke, sahen ihn vor unserem inneren Auge, wie er uns eine Zigarre anbot, die Karten durch seine Finger gleiten ließ und uns zu einem Spielchen aufforderte. Wir schmeckten den guten Tropfen Wein, den er uns anbot, und fühlten seine freundschaftliche Hand auf unserer Schulter ruhen. Dies gab uns die Kraft, weiter nach Norden zu ziehen.

Nun, am vierundachtzigsten Tag sind wir in Ula Stai angekommen. Hier werden wir einen Tag ausruhen und unsere Vorräte auffüllen, von denen wir auf der weiteren Reise leben müssen. Vor uns liegt eine weiße Fläche, die sich am Horizont verliert. Kein Leben, nicht einen Funken kann man erkennen. Und doch wissen wir, dass etwas da draußen auf uns wartet. Hoffen wir das Beste. Hoffen wir, dass es Leben ist.


Der zweite Brief
Guur Grogarogh, berufen zum Diener Saerons durch Seinen Willen und durch Bruder Gorian von Norbrak an seine Schwestern und Brüder in den Schattenhallen zu Eisentrutz!
Der Segen des höchsten Gottes, dessen Name so heilig ist, dass wir ihn nur Freiheitsfürst, Gerechtigkeitsbringer und barmherziger Richter nennen können, sei mit Euch!

Der Tag in Ula Stai gab uns neue Kraft für den Weg. Wir nutzten ihn, um uns von den dort ansässigen Aivarunen zum Walfang einladen zu lassen. Früh am Morgen stiegen wir in die Boote. Die aufgehende Sonne ließ den dünnen Wolkenstreifen am Horizont in sanftem Rot und Rosa erstrahlen. Wie blank geschliffener Stahl lag die See vor uns. Nur ganz leicht schaukelte unser Boot auf unscheinbaren Wellen. Leise tauchten die Walfänger ihre Ruderblätter ins Wasser und lauschten den Geräuschen, die aus der Tiefe zu uns nach oben dringen sollten. Doch so sehr Gorian und ich uns anstrengten, wir hörten nichts.
Umso erstaunter waren wir, als der Mann am Bug des Bootes ein Zeichen gab und die Harpune zu seinen Füßen aufhob. Auch die Mannschaften der anderen Boote schienen etwas bemerkt zu haben und nahmen Kurs auf einen unsichtbaren Punkt im Meer. Die Stille steigerte sich bis zu einer unerträglichen Anspannung. Keiner wagte auch nur zu atmen und ich meinte, den Herzschlag meines Nachbarn zu hören, der sich mit meinem eigenen zu einem ekstatischen Rhythmus vereinigte. Dann hörte ich den Atem des Mannes an der Harpune, wie er tief in die Lunge gezogen wurde und für einen Moment stockte, um die Muskeln mit aller Kraft aufzuladen.
Just, als ich mich umsah, durchbrach der Wal die spiegelglatte See. Höher und höher stieg er aus den Wassern empor, als wollte er den Sprung zu den Sternen wagen. Das Blasen des Wals und der Schrei des Walfängers waren der letzte Gesang, bevor die Harpune sich mit einem dumpfen Ton in das Fleisch bohrte. Für den Bruchteil eines Flügelschlags stand der Koloss auf dem Wasser. Unsere Blicke trafen sich. Und als wir uns Auge in Auge gegenüber standen, nahm ich sein unglaubliches Entsetzen war. Doch schon im nächsten Moment wurde sein Blick kalt und berechnend. Mit schier unbändiger Kraft peitschte seine Schwanzflosse aus dem Wasser. Langsam drehte sich der gewaltige Rumpf des Tieres horizontal und begann seinen Flug in die Tiefe. Näher und näher kam er der rettenden See. Schon streifte die linke Seitenflosse die Wellen. Mit brachialer Gewalt krachte der tonnenschwere Körper aufs Wasser. Gischt schäumte und eine große Welle rollte auf unser Boot zu. Da schlug die zweite Harpune ein. Ein weiteres Boot war zu uns heran gerudert. Und auch eine dritte Harpune verfehlte ihr Ziel nicht, obwohl Wal schon abtauchte.
Mit stetem Surren lief das Seil über die Bordwand und tauchte hinab in die Tiefen der See, in die sich das Tier zurück gezogen hatte. Dann ging ein Ruck durch das Boot und wie von Geisterhand gezogen glitten wir über das Meer. Sofort ließen die Männer die Ruder zu Wasser und bremsten die unheimliche Fahrt, die das Boot aufgenommen hatte. Doch die Reise ging immer weiter. Mir schien, als wolle die Bestie uns an den Rand Antamars ziehen und mit uns den Sprung darüber hinaus, in die unendlichen Wasser des Vergessens wagen.
Erst eine Ewigkeit später wurde die Fahrt langsamer und kam zum Erliegen. Nun begannen wir aus Leibeskräften zurück zu rudern. Wir trafen auf die anderen Boote, welchen unseren dreien gefolgt waren. Schnell wurden sie mit Seilen untereinander verbunden, so dass nun sechs Boote den sterbenden Wal Richtung Land zogen.
Als wir endlich dort ankamen, hatten sich sämtliche Bewohner schon am Ufer versammelt und begrüßten uns mit lautstarken Jubelrufen. Mit vereinten Kräften zogen wir den Wal auf den Strand. Sein Auge hatte den Schein des Lebens verloren. Er war tot und wurde binnen kürzester Zeit zerlegt. Jede Familie bekam ihren Teil. Auch wir erhielten einige, große Stücke, die wir als Reiseproviant für unseren Weg ins Eiskönigreich verpackten.

Nun liegen wir satt und gestärkt auf unserem Nachtlager. Eigentlich müsste es uns gut gehen, doch blicken wir voll Sorge auf den vor uns liegenden Weg. Es ist, als hätten wir dem Schicksal unsere Harpunen ins Fleisch gejagt. Und nun zieht es uns hinaus auf die zu Eis erstarrte See. In das Königreich der ewigen Kälte. In den Tod.


Der dritte Brief
Guur Grogarogh, berufen zum Diener Saerons durch Seinen Willen und durch Bruder Gorian von Norbrak an seine Schwestern und Brüder in den Schattenhallen zu Eisentrutz!
Der Segen des höchsten Gottes, der den Schleier der Verblendung über die Augen derer legt, welche nicht würdig sind, die Wahrheit zu schauen, und der den Nebel herbeiruft, um Euch vor Euren Feinden zu verbergen, möge auf Euch ruhen und Euch die Kraft geben, weiterhin gute Werke zu tun!

Weiße,
Kälte,
Unendlichkeit.
Müde suchten unsere Augen nach einem Zeichen, an dem wir uns hätten orientieren können. Vergebens.
Nichts schien uns in dieser Hölle aus Schnee, Eis und Frost einen Hinweis auf die Richtung geben zu können. Allein der Nordwind brannte sich in unsere Gesichter und ließ sie zu Fratzen verzerrt erstarren. So kämpften wir uns immer weiter hinein in die barbarische Wildnis des Eiskönigreiches, um unseren Freund und Ordensbruder Luke de Allersheim zu finden.
Ich weiß nicht mehr, ob es am siebten, neunten oder zwölften Tag unserer Reise war, als sich ein Sturm erhob und uns das Vorwärtskommen fast unmöglich machte. In dicken Pelzen verborgen stemmten wir uns gegen eine Wand aus schneidend kalter Luft, die unsere Tränen erfrieren ließ und mit dem Lärm ihres schaurigen Gelächters alle anderen Geräusche übertönte. Da war mir, als ob der gefrorene Boden sich vor uns erhob und die weißen, tanzenden Flocken vor meinen Augen verdunkelte. Gleichzeitig wurde ich des leichten Dufts überfetteter Milch gewahr, welcher sich mit einer Spur von hungrig gereizten Magensäften und der Wildheit erregter Muskeln mischte. Noch während ich aus meiner Apathie erwachte, stieß ich Gorian zur Seite und ließ mich in seine Richtung fallen. Krachend fuhr die Tatze über meinen Schild, den ich auf dem Rücken trug, und schleuderte mich so tief in den Schnee, dass der Aufprall mir den Atem nahm. Ein stechender Schmerz durchzog meine Brust, meine Arme zitterten unter der Anstrengung, als ich versuchte, mich aus dem weißen Grab zu erheben, das mithilfe meiner selbst gegraben worden war. Feuer brannte in meinen Lungen, als die Luft so langsam wie flüssiges Blei durch meine Kehle strömte. "SCHNELLER!" schrie es in mir, doch wusste ich, dass es zu spät war. Wie ein gewaltiger Hammer würden die Tatzen des Untiers auf mich herab donnern und das volle Gewicht der Polarbärin würde mein Rückgrat und meine Rippen zu Staub zermalmen. Das tiefe Gebrüll des Sieges schrie mit dem Sturm. Dann kam sie mit aller Macht über mich ...
die Stille.
Der Sturm war vorbei. Nur noch ein dumpfer Aufprall im knirschenden Schnee war zu hören. Erschöpft drehte ich mich um und lehnte mich vorsichtig an die Seitenwand meines kalten Grabes. Ein kleiner Bach des warmen roten Lebenssaftes bahnte sich über den Rand seinen Weg zu mir nach unten und füllte langsam die Kuhle, in der ich saß. Blut tropfte von der Klingenspitze des mächtigen Schwertes, das - horizontal - den Himmel von der Erde trennte. Leicht nach vorn gebeugt, den rechten Fuß zu einem Ausfallschritt nach vorn gesetzt, stand Gorian schwer atmend neben der toten Bärin. Eine einzige Wunde in ihrer Brust zeugte davon, dass er das Herz getroffen hatte. Zuerst war es nur ein Röcheln, das in Husten überging. Doch bald lachte ich aus vollem Halse und das warme, flüssige Salz der Augen lief mir über die Wangen. Auch Gorian ließ sich auf die Knie in den Schnee fallen und - von meinem Gelächter angesteckt - stimmte er ausgelassen mit ein. Wir krochen aufeinander zu, umarmten uns, drückten den anderen an unser Herz und priesen den Gott der Wege, dass er seine Fittiche schützend über uns gehalten hatte.
Erst als die Nacht herein brach und die ersten Sterne das Kommen der Monde ankündigten, verstummten unsere Gebete. Unter den gnadenvollen Augen unseres Gottes zerteilten wir die Beute und zogen ihr das Fell ab. Die Überreste brachten wir als Opfer dar und ließen sie im Mondlicht liegen. Dass ER unser Opfer wohlwollend annahm, zeigte uns die Aurora des Nordens, die wie das Lächeln unter seinem Blick erstrahlte.
In den nächsten Tagen hielt sich das gute Wetter und die Nächte waren erfüllt von der Herrlichkeit unseres Herrn und Gottes. Ein heller Stern, wie wir ihn nie zuvor gesehen hatten, wies uns den Weg und führte uns nach Eiswind. Und doch war es nicht Hoffnung, womit er unsere Herzen füllte. Nein, sein Licht war kalt und flackernd wie das zur Eile treibende Flehen eines Kindes. Eines Kindes der Nacht. Eines Bruders.


Der letzte Brief
Guur Grogarogh, berufen zum Diener Saerons durch Seinen Willen und durch Bruder Gorian von Norbrak an seine Schwestern und Brüder in den Schattenhallen zu Eisentrutz!
Der Segen des höchsten Gottes, welcher uns immer wieder lehrt, schlau zu sein und uns auch der Gaben aller anderen Götter zu bedienen, öffne Euch die Augen, um zum richtigen Zeitpunkt das Richtige zu tun.

Eiswind, Isdahar, Stadt der Eiselfen am Ende der Welt. Hierhin führte uns der Stern und dann erlosch er.

Wir suchten uns ein Quartier und sahen uns in der Stadt um. Statuen aus Eis stehen hier auf den Straßen und auch die Häuser sind allesamt aus Eis gebaut. Ebenso schön wie unterkühlt sind die Bewohner der Stadt. Schweigsam gehen sie ihrem Tagewerk nach und oft wurden wir aus den Augenwinkeln beobachtet, doch nie richtete man eine Frage, oder ein Wort an uns. Entsprechend karg fielen die Antworten aus, wenn wir uns nach unserem Freund erkundeten. Nicht einmal ein Portrait, das wir von Luke gezeichnet hatten, half uns weiter, bis wir eines Abends im Hotel "Eishalle" einen Fremden trafen. Einen Zwerg namens Durin, Sohn des Glamring, Bibliothekar und Forscher von Beruf. Er berichtete uns, dass Luke mit einem Freund hier in der Gegend war. Was er hier suchte, konnte er uns nicht sagen, aber er nannte uns den Grund, warum er selbst in der Gegend war: Drachen.

Kaum hatte er das Wort ausgesprochen, legte sich eine gespenstische Stille über den Saal des Hotels. Alle Gäste blickten uns mit starren Gesichtern an. Die Gespräche waren verstummt, die Musik verklungen. Dann stand einer nach dem anderen auf und verließ die "Eishalle", bis wir mit Durin und dem Wirt allein waren. Vom Letzteren erfuhren wir, dass eine ehemalige Siedlung in der Nähe der Stadt aufgegeben worden war. Wohin deren Bewohner verschwunden waren, wusste niemand. Doch es hielt sich das Gerücht, dass sie nicht fortgegangen wären, sondern ein Drache den Ort heimgesucht hätte. Nun würden dort nur noch die Ruinen der Häuser stehen, welche die ehemaligen Bewohner scheinbar Hals über Kopf verlassen hätten.

Gorian und ich sahen uns an. Jedem war klar, was dies bedeutete. Luke hatte in seiner Abenteuerlust sicher nicht einen Moment gezögert, sondern war sofort zu den verfallenen Ruinen aufgebrochen. So machten wir uns am nächsten Tag ebenfalls auf die Reise.

Am Abend des vierten Tages kamen wir zu dem verlassenen Dorf. Stille lag über den Ruinen und das einzige Geräusch, das wir hörten, waren unsere knirschenden Schritte im Schnee. Alles war derart leblos und öd, dass wir verzweifelten. Wo sollten wir suchen? Waren wir nicht doch mehr dem Wunsche gefolgt, unseren Freund endlich zu finden, als dem klaren Verstand, der uns nun sagte, dass es hier nichts gäbe außer Stille, Einsamkeit und Tod? Ratlos durchstreiften wir Haus um Haus, Hütte für Hütte. Immer wieder das gleiche Bild. Eine verfallene Türe, verfallene Fenster. Schnee, der ins Haus geweht war, bedeckte den Boden. Manche Tische standen noch, andere waren zusammengebrochen. Umgefallene, oder noch stehende Stühle sowie Schränke, Betten, Öfen, Bilder. Alles von Reif und Frost überzogen. Keine Spuren. Nicht einmal ein Tier war hier gewesen.

Müde und enttäuscht suchten wir uns einen passenden Platz für unser Nachtlager. Im Haus des Ersten fanden wir einen Raum, der nur ein kleines Fenster hatte, welches wir mit ein paar Lappen verhängen konnten. Wir trugen den Tisch in den Nebenraum, um mehr Platz zu schaffen und wollten gerade den Boden fegen, als wir eine Falltür bemerkten, auf der zuvor der Tisch gestanden hatte. Neugierig, welche Schätze sich noch im Keller des Ersten finden ließen, öffneten wir die Klappe, zündeten unsere Fackeln an und stiegen die Leiter hinunter. Die Regale schienen geleert worden zu sein, aber unsere Aufmerksamkeit richtete sich vielmehr auf eine alte Tür, die von hier aus in den Berg zu führen schien, vor dem das Haus stand. Es war nicht schwer sie zu öffnen. Wir sahen einen gut ausgebauten Gang, der sich hinab in die Erde grub. Wände und Decke gingen bogenförmig ineinander über und waren sauber verputzt. Immer tiefer führte uns der Weg in den Berg bis er in den Saal einer riesigen Höhle mündete. Zuerst war nur die Decke zu sehen, die sich bis in die hintere Dunkelheit, durch die das Licht unserer Fackeln nicht mehr drang, erstreckte. Vor uns lag ein Berg an Geröll, das von oben herab gestürzt sein musste. Wir kletterten über die Felsen uns sahen, dass die Höhle noch weiter in den Berg hineinragte. Am Ende des Saales fanden wir einen zwanzig Schritt breiten und drei Schritt hohen Spalt, der uns einen Durchgang zu einer natürlichen Plattform in einem weiteren Saal gewährte. Mondlicht fiel von draußen durch den hohen Eingang an der gegenüberliegenden Seite. Mächtige Eiszapfen bildeten einen natürlichen Vorhang. Und als mein Blick nach unten auf den Boden dieses Saales fiel, sah ich ein abgrundtief bösartiges Wesen. Sein Panzer schimmerte wie klares Eis im Lichte der Monde. Hellblaue Schuppen wechselten sich mit weißen und dunkelblauen zu einem faszinierenden Farbenspiel ab, doch aus den Nüstern dieses berauschenden Glanzes wehte mir der eiskalte Atem des Todes entgegen.

Dann sah ich unseren Freund. Und Zorn stieg in mir auf. Schön und stolz wie zu seinen Lebzeiten stand er da. Die Waffe zum Stich erhoben, ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. Doch er war vollkommen mit Eis und Reif überzogen. Wie Flammen, die sich durch ein Blatt fressen, brannte sich die Wut durch meinen Magen und von dort breitete sich die Hitze in meinem ganzen Körper aus. Mein Verstand arbeitete nur noch auf das eine Ziel hin: Rache! Noch bevor Gorian eingreifen konnte, hatte ich schon meine Axt gezogen und sprang von der Plattform auf den Rücken der Bestie. Noch im Sprung füllten sich meine Lungen mit der klaren Nachtluft, die vom Eingang herüber wehte. All meine Kraft legte ich in den Schlag und mein Schrei durchbrach die Stille wie das Blatt meiner Axt den Panzer des Drachens. Ein milchig bläulicher Strahl schoss aus der Wunde, die ich dem Untier geschlagen hatte, und sofort bildeten sich Eisblumen auf dem Stahl meiner Trärdaudi. Nun bäumte sich der Drache unter mir auf und sein Gebrüll klang wie klirrendes Glas, das in tausend Teile zerspringt. Ich zog meine Waffe aus seinem Nacken und sprang zur Seite ab. Gorian war mir inzwischen gefolgt und hieb mit seinem Zweihänder von der anderen Seite auf den Hals des Untiers ein. Auch seine Klinge vereiste, sobald sich das Drachenblut darüber ergoss. Wild peitschte der mit Widerhaken bestückte Schwanz durch die Luft und die Flügel schlugen uns einen Sturm entgegen, der uns fast zu Boden drückte. Erneut krachte das Blatt meiner Axt in den Panzer am Hals. Doch diesmal fuhr der Kopf sofort zur Seite und die gelben Augen starrten mich hasserfüllt an. Ohne Zögern warf ich mich herum. Schon krachte der eisige Strahl seines Atems an die Wand, vor der ich gerade noch gestanden hatte. Da heulte das Biest erneut auf. Gorian hatte mit voller Wucht zugestoßen und bohrte nun seine Klinge noch tiefer in die Wunde. Auch er musste im nächsten Augenblick dem tödlichen Frostatem ausweichen. Doch gab diese Ablenkung mir erneut die Gelegenheit, meine Axt mit beiden Klauen zu packen und wieder in der Halswunde zu versenken. Leider fuhr der Drache zu schnell herum. Ein einziger Ruck entriss mir meine Waffe, während sie noch in der Wunde steckte, und hob sie in unerreichbare Höhen. Wieder donnerte klirrende Kälte auf den Stein, auf dem ich kurz zuvor noch gestanden hatte. Im Wegspringen zog ich mein Jagdmesser, doch was konnte ich damit schon ausrichten? Intuitiv sah ich auf die Brust des Drachens. Dort schimmerte, ja pulsierte es. Gorians Blick traf den meinen und ich wusste, dass er es auch gesehen hatte: das Herz. Nun blieb keine Zeit mehr. Ich sprang und drehte mein Jagdmesser seitlich zwischen zwei Schuppen. Dann zog ich mich daran hoch. Wie erwartet, bäumte sich der Drache erneut auf, um mich abzuschütteln, doch ich bohrte ihm noch meine andere Klaue zwischen die Schuppen und hielt mich fest. Als sich die Bestie mit voller Wucht nach unten fallen ließ, um mich endgültig los zu werden, rammte sie sich selbst mit ihrem ganzen Gewicht das Schwert in den Leib, das Gorian in der Nähe des Herzens angesetzt hatte. Nun war nur noch ein Röcheln zu hören. Langsam richtete ich mich auf, zog ich meine Axt aus der Wunde und schwang sie zum letzten Mal. Diesmal war es nicht der Panzer, der krachte, sondern das Genick.

Doch der Geschmack der Rache war fad und öde. Trauer überfiel uns, als wir zu der Statue gingen, die einst unser bester Freund war. Wie zerbrechliches Glas wirkte er unter diesem Mantel aus Frostreif. Ich holte meinen Umhang aus der Tasche und breitete ihn auf dem Boden aus. Vorsichtig wollten wir den starren Körper darauf legen und ihn einwickeln, doch bei der ersten Berührung zerfiel er zu Staub. Wie winzige Schneeflocken tanzten die kleinen Eiskristalle und rieselten langsam zu Boden. Kein Wind regte sich, aber die ersten Sonnenstrahlen durchbrachen die Nacht, schlichen sich durch den Eingang der Höhle und verwandelten den Staub in ein stilles Feuerwerk. Wir wagten es nicht, zu atmen, bis all die kleinen Sternchen auf dem Umhang lagen. Tränen liefen uns übers Gesicht und dennoch machte sich eine tiefe Ruhe in unseren Herzen breit, als wir gemeinsam den Unhang zusammenfalteten. Endlich hatten wir ihn gefunden. Endlich konnten wir ihn zurück bringen. Nach Hause. In seine Heimat. Zu uns.

Ein neuer Stern ist aufgegangen, hell sind seine Strahlen und freundlich blickt er auf uns herab. Am Abend in der Zeit der Masken wird er zwischen den beiden Monden stehen, wenn diese ihren Zenit erreichen. Nennen wir ihn den „Spieler“.

Die Macht unseres Gottes, die größer ist als alle Mächte der Welt, wache über Euch und bringe Euch Frieden!
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Re: Hände Saerons

Beitragvon Micha1972 » Do 18 Jun, 2009 20:36

Ein schöner Nachruf für einen grossen Helden ! Luke , wir vermissen dich ! Du wirst uns stets in guter Erinnerung bleiben . Thanos ibn Khalid ben Thalassin für den Orden HuT aB
Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner begrenzten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen!

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